Leitung: Prof. Dr. phil. Anja
Mehnert
Mitarbeit: Dr. rer. med. Heide Götze,
Dipl.-Psych. Heiko Röder
Zusammenfassung:
Ziel des Projekts war die Evaluation von
Beratungsstellen für Tumorpatienten und Angehörige in Sachsen mit Bezugnahme auf
Kriterien der Ergebnisqualität. Diese umfassen u.a. Zugangswege, psychische
Belastungen, Unterstützungsbedürfnisse und Information der Ratsuchenden sowie
Zufriedenheit mit der Beratung. Die Ergebnisse sollen dazu dienen, wichtige
Informationen über die Ergebnisqualität der ambulanten Krebsberatung und die
Versorgungszufriedenheit zur Verfügung zu stellen.
Im Rahmen des Projektes wurden eine quantitative Längsschnitterhebung und
qualitative Leitfadeninterviews durchgeführt. Ein positives Ethikvotum der
Ethik-Kommission an der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig liegt vor
(AZ: 073-14-10032014).
In die Evaluation wurden 256 Ratsuchende aus 11 Sächsischen Landkreisen
eingeschlossen. Die Ratsuchenden waren zu 2/3 weiblich und im Mittel 60 Jahre
alt. Bei etwa der Hälfte der Ratsuchenden handelte es sich um einen einmaligen
Beratungskontakt. Eine ausschließlich psychologische Beratung fand in 8 Prozent der
Beratungskontakte statt, 44 Prozent der Kontakte waren ausschließlich sozialrechtliche
Beratungsgespräche.
Zum ersten Messzeitpunkt (bis zu 1 Woche nach Erstkontakt) waren drei von
vier Ratsuchenden erschöpft, 2/3 hatten Sorgen und Ängste. Etwa jeder 2. litt
unter Schmerzen, Schlafstörungen, Mobilitätseinschränkungen, Gedächtnisproblemen
oder Traurigkeit oder hatte Probleme bei der Alltagsbewältigung. Die Hälfte der
Ratsuchenden gab zum ersten Messzeitpunkt eine erhöhte Ängstlichkeit an, über
2/3 zeigten eine erhöhte Depressivität.
Die Lebensqualität der Ratsuchenden war in allen Bereichen gering. Im
Zeitverlauf zeigte sich zwar eine Verbesserung der Lebensqualität in mehreren
Bereichen, jedoch war auch 4 Monate nach dem Erstkontakt mit der Beratungsstelle
die Lebensqualität geringer als in der repräsentativen Vergleichsgruppe aus der
deutschen Allgemeinbevölkerung.
Die psychische Belastung und die Lebensqualität der Ratsuchenden waren zum
Teil abhängig von deren Alter und Einkommen. So waren die jüngeren Ratsuchenden
ängstlicher, depressiver und gaben eine geringere psychische Lebensqualität an
als die älteren Ratsuchenden. Ratsuchende, deren monatliches Gesamteinkommen
unter 1250€ lag, waren psychisch stärker belastet und gaben eine schlechtere
körperliche Lebensqualität an als Ratsuchende mit einem höheren Einkommen.
Trotz des hohen Anteils an Ratsuchenden mit einer hohen psychischen Belastung
und den vielfältigen, genannten psychischen Problembereichen waren die
psychischen Belastungen nur selten Gegenstand der Beratung. Dieses Ergebnis
spiegelt auch die Selbsteinschätzung der Berater/innen. So bewerteten sie den
Erstkontakt im Allgemeinen sehr gut. Defizite sahen sie jedoch in der von ihnen
geleisteten psychologischen Unterstützung. Die psychologische bzw.
psychoonkologische Unterstützung der Krebspatienten und deren Angehörigen müsste
im ambulanten Bereich vor allem im ländlichen Raum weiter ausgebaut werden. In
den meisten Beratungsstellen sind keine Psycholog/innen oder Berater/innen mit
psychoonkologischer Qualifikation beschäftigt, was eine Versorgungslücke
beschreibt.
Die Ratsuchenden äußerten eine sehr hohe Zufriedenheit mit der erhaltenen
Beratung, den Rahmenbedingungen der Beratungsstelle sowie mit den Beraterinnen
und Beratern. Verbesserungswünsche betrafen den Ausbau und die Erweiterung der
Tumorberatung hinsichtlich Personal, Zeit, Umfang und Erreichbarkeit. Daneben
bestand bei mehreren Ratsuchenden ein Bedürfnis nach einer verbesserten
medizinischen Beratung.
Die hohe Zufriedenheit der Ratsuchenden ist in weiten Teilen der Motivation
und Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter zu verdanken, welche trotz
mehrheitlich insuffizienter Supervision Patientenkontakte pflegen oder
Hausbesuche ermöglichen, um den Ratsuchenden ein Mindestmaß an psychosozialer
Versorgung zukommen zu lassen.
Förderung:
Sächsisches Staatsministerium für Soziales
und Verbraucherschutz
Projektnummer:
BGAAF-0675
Laufzeit:
6/2013 – 5/2015