Die Wurzeln der Leipziger Frauenklinik reichen bis ins Jahr 1810 zurück, als mit dem Geld der Witwe Rahel Amalia Augusta Trier und weiterer Bürger der Stadt die erste Entbindungsschule für Hebammen und Ärzte in Leipzig eröffnet wird – das Accoucheur- oder Triersche Institut am südwestlichen Stadtrand. Heute befindet sich an gleicher Stelle das Bundesverwaltungsgericht.
Die Ernennung zum ersten Direktor erhält der in der Tradition von Lucas Johann Boer stehende Johann Christian Gottfried Jörg, der das Triersche Institut bis 1856 leitet. Unter seiner Ägide wird nicht nur die Aufnahmekapazität des Institutes erweitert, sondern es erhält auch im Jahr 1853 eine neue Heimstatt in der ehemaligen Dresdner Straße.
Credé-Handgriff und Augen-Propyhlaxe
Ein deutschlandweit anerkannter Mediziner steht ab 1856 der Leipziger Frauenklinik, die sich ab 1892 in einem Gebäude in der Liebigstraße befindet, vor: Carl Siegmund Franz Credé. Mit seinem Namen sind eine ganze Reihe bedeutender Innovationen verbunden. Der Credé-Handgriff beispielsweise ist eine geburtshilfliche Technik, mit der bis heute in der Nachgeburtsperiode die Plazenta aus dem Uterus herausgedrückt wird, wenn sie sich nicht von allein vollständig löst.
Mit einer Prophylaxe gelingt es Credé, die Zahl der Neugeborenen, die Mitte des 19. Jahrhunderts an einer vom Erreger der Geschlechtskrankheit „Tripper“ verursachten Augenerkrankung leiden, drastisch zu reduzieren: Er gibt Augentropfen direkt nach der Geburt. Zudem befürwortet Credé die damals noch umstrittenen, antiseptischen Maßnahmen von Ignaz Semmelweis und führt als einer der Ersten die Händedesinfektion ein.
Credé steht der Leipziger Einrichtung von 1856 bis 1887 vor. Mit dem Amtsantritt von Paul Zweifel 1887 profiliert sich Leipzig als ein Zentrum der operativen Gynäkologie, die sich auf dem Boden der neuen Erkenntnisse zur Bedeutung der Asepsis/Antisepsis etabliert. Zudem macht sich Zweifel mit einem Neubau der Klinik, der im Jahr 1892 eingeweiht und noch heute als Universitätshautklinik in Funktion ist, um die Leipziger Gynäkologie und Geburtshilfe verdient.
Die Frauenklinik im 20. Jahrhundert
Schon wenige Jahre später entspricht das neue Gebäude nicht mehr den wissenschaftlichen Anforderungen sowie einer stetig wachsenden Patientinnenzahl, so dass Walter Stoeckel, der 1921 Zweifel im Amt des Direktors der Leipziger Universitätsfrauenklinik folgt, einen Neubau anstrebt und dessen Realisierung ab 1922 in der Anfangsphase begleitet. Stoeckels Leipziger Ordinariat währt lediglich fünf Jahre. Im Jahre 1926 wechselt er nach Berlin, und Hugo Sellheim erhält den Ruf nach Leipzig. Er kann 1928 den damals zu den modernsten europäischen Frauenkliniken zählenden Neubau einweihen.
Robert Schröder übernimmt im Jahre 1936 die Klinik, die in der Leipziger Bombennacht am 3. Dezember 1943 teilweise zerstört wird. Er leitet nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges die Klinik noch bis 1958. Ihm folgen Norbert Aresin (1958 - 1971) und Karl Bilek (1974 - 1996) als Ordinarien. 1998 wird Michael Höckel auf den Lehrstuhl berufen, 2017 folgte Bahriye Aktas.
Seit 2007 befindet sich die Frauenklinik wieder in der Liebigstraße.
Leopold-Handgriffe
Berühmter Schüler Credés ist Christian Gerhard Leopold, einer der bedeutendsten deutschen Gynäkologen seiner Zeit. Ende des 19. Jahrhunderts bildet er an der Leipziger Frauenklinik Hebammen aus, später wird er Direktor der königlichen Frauenklinik Dresden. Jede Hebamme kennt noch heute die nach dem Mediziner benannten Leopold-Handgriffe. Mit ihnen wird die Lage des Kindes im Mutterleib bestimmt. Zusammen mit anderen Untersuchungsmethoden helfen die vier Handgriffe dabei, eine zeitgerechte Schwangerschaftsentwicklung abzuschätzen. Dabei liegt die Frau auf dem Rücken, die Hebamme tastet den Bauch ab und kann so beispielsweise herausfinden, wo Rücken, Arme und Beine des Kindes liegen.
Hilfsmittel bei einer Geburt
Schon früh kommen bei einer Geburt auch Hilfsmittel zum Einsatz. So haben Ärzte beispielsweise versucht, die Geburt für die Frauen angenehmer zu gestalten. Dies belegt eine Geburtszange aus der Leipziger Frauenklinik. Zangen wurden verwendet, um Geburten zu beschleunigen und damit die Gefahren für Mutter und Kind zu minimieren. Die gezeigte Leipziger Zange, die vermutlich aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts stammt, nahm aber zudem Rücksicht auf die psychische Belastung der Gebärenden. Sie war mit Leder überzogen, um sie für die Frau optisch weniger bedrohlich erscheinen zu lassen.