Seit Ende 2017 liegen vor dem Haupteingang des Universitätsklinikums Leipzig 36 Stolpersteine und 2 Stolperschwellen. Auf den zehn mal zehn Zentimeter großen, mit einer Messingplatte bedeckten Steinen sind jeweils Name, Jahrgang und Schicksal jüdischer Unfallchirurgen eingraviert. Sie wurden während der Zeit des Nationalsozialismus von 1933 bis 1945 gedemütigt und entrechtet, indem man ihnen teils die Promotion, Approbation bzw. die Kassenzulassung entzog oder ihnen ein Lehrverbot erteilte. Viele von ihnen flohen ins Ausland, einige in den Tod, fünf wurden deportiert und drei ermordet. Zur Erinnerung an diese dramatischen Lebensgeschichten wurde von der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie e.V. (DGU) ein in der Öffentlichkeit sichtbares Mahnmal geschaffen.
Federführend bei der Recherche zum Gedenken an die jüdischen Mitglieder war der im Herbst 2016 verstorbene und frühere Generalsekretär der DGU Professor Dr. Jürgen Probst. Sein Anliegen: Das Wachhalten der damaligen Ereignisse und das Gedenken an die Kollegen der Verfolgungsjahre. Dabei gestaltete sich die Recherche nicht einfach, denn durch die Kriegswirren gingen alle vereinsrechtlichen Unterlagen der damaligen verfolgten Mitglieder verloren. Erst in den letzten zehn Jahren gelang es der DGU durch den Zugriff auf verschüttete Quellen, die bruchstückhaften und manchmal vagen Überlieferungen nach und nach gesichert aufzufinden. Durch die Unterstützung zahlreicher Institutionen konnte die DGU die Mitgliederdaten weitestgehend wiederherstellen.
Die 36 ehemaligen Mitglieder kamen aus allen Teilen des damaligen Deutschlands - darunter Orte wie Berlin, Hamburg, Köln und Leipzig. Sie dienten nicht nur ihrem Vaterland und ihren Patienten, sondern engagierten sich ehrenamtlich unter anderem als Schriftführer, Schatzmeister oder 1. Vorsitzender der DGU. Sechs von ihnen waren Gründungsmitglieder, als die DGU am 23.9.1922 im Auditorium 30 der Universität Leipzig unter der damaligen Bezeichnung Deutsche Gesellschaft für Unfallheilkunde, Versicherungs- und Versorgungsmedizin gegründet wurde.
Die Senatoren und die Mitglieder der DGU pflegen jährlich die Stolpersteine. Jedes Jahr am 9. November werden dort die Lebensläufe der ehemaligen jüdischen Kollegen verlesen, um damit dem Vergessen der damaligen Ereignisse entgegenzuwirken.
Bericht zum Gedenktag 2019 von Prof. Dr. Hans Zwipp