Dr. Krämer, Ihr Vortrag in der Informationsveranstaltung am 31. Mai trägt den Titel "100 Gründe, mit dem Rauchen aufzuhören". Welche sind das denn alles?
Dr. Sebastian Krämer: Das ist vielleicht ein bisschen plakativ und ich werde vermutlich nicht alle 100 aufführen können. Aber mir ist vor allem eines wichtig: Neben mindestens 99 sachlichen Gründen für eine Tabakentwöhnung gibt es immer den einen ganz persönlichen Grund, der den oder die Einzelne stark motiviert. Wenn man diesen für sich gefunden hat, klappt es in der Regel fast von allein. Denn dem Erfolg eines ärztlichen Anratens, dass es nun aber wirklich nötig wäre mit dem Rauchen aufzuhören, sind klare Grenzen gesetzt.
Wie sind Ihre Erfahrungen, was könnte ein solcher funktionierender Grund letztlich sein?
Dr. Sebastian Krämer: Wir erleben oft, dass es die Konfrontation mit einer ernsten Erkrankung sein kann. Wenn zum ersten Mal eine schwere Bronchitis auftritt oder ein ernstes "Herzstolpern". Das ist dann der Anlass, die ja durchaus bekannten Gefahren für die Gesundheit nicht mehr zu ignorieren und tätig zu werden.
Es kann aber auch etwas ganz anders sein. Ein neuer Partner, der oder die nicht raucht. Oder die Geburt von Kindern oder Enkelkindern, die vor dem Passivrauchen geschützt werden sollen. Denn hier hat sich das allgemeine Bewusstsein dafür, dass 'Mitrauchen' alles andere als gut ist, stark gewandelt. Dazu hat sicher auch das zuerst ja sehr kritisierte Rauchverbot in der Gastronomie beigetragen, das inzwischen akzeptiert ist - so wie viele andere Rauchverbote. Es würde ja jetzt keiner mehr auf die Idee kommen, beispielsweise im Flugzeug zu rauchen. Früher war das eine Selbstverständlichkeit, da wurde dann letztlich erst beim Landeanflug dazu aufgefordert, bitte das Rauchen einzustellen.
Neben der Sorge um Andere oder Angst vor Krankheiten - warum sollte ich dem Glimmstengel abschwören?
Dr. Sebastian Krämer: Zum Beispiel auch einer besseren Lebensqualität wegen. Wer nicht mehr raucht, kann besser riechen und besser schmecken. Das Hautbild wird reiner. Und beim Treppensteigen und Spazierengehen erlebt man sich leistungsfähiger.
Das sind ja eher Wohlfühlthemen… welche medizinischen Gründe sind denn aus Ihrer Sicht die gravierendsten?
Dr. Sebastian Krämer: Aus meinem Blickwinkel als Thoraxchirurg natürlich zunächst die Vermeidung von Lungenkrebs oder der schweren Lungenschädigung COPD. Unsere Lunge ist ein sehr duldsames Organ. Wir merken erst viel später, wenn wir über eingeatmete Schadstoffe der Lunge oft irreversibel geschadet haben. Dann aber ist der Effekt sehr eindrücklich, denn uns bleibt wortwörtlich die Luft weg.
Selbstredend hat Rauchen einen Einfluss auf unseren gesamten Körper. Die Arterienverkalkung der Herzkranzgefäße hin zum Herzinfarkt, die Verengung der Hirngefäße, der Versorgung der Beine, der Bauchorgane: All dies sind ebenso lebensgefährdende Erkrankungen, die durch Rauchen in der Entstehung und im Verlauf begünstigt werden. Übrigens gilt das auch für die Entwicklung von Tumoren des Mundbereichs, der Speiseröhre und sogar der Harnblase. Das Risiko an Blasenkrebs zu erkranken, erhöht sich bei Rauchern um das Dreifache.
Was würden Sie als Experte den Menschen zum Weltnichtrauchertag außerdem gern sagen?
Dr. Sebastian Krämer: Rauchen ist eine Sucht, und das Aufhören ist natürlich schwer. Daher ist meine Botschaft: Auch bereits eine Verringerung der Menge, also jede Zigarette weniger, ist ein Erfolg. Aber natürlich wäre es uns Ärzt:innen am liebsten, alle Rauchenden würden jedem Produkt der Tabakindustrie ganz entsagen. Dass dies geht, zeigen die Erfolge der Rauchfrei-Ambulanz. Also: Trauen Sie sich, starten Sie mit IHREM Rauchstopp!