Karl Landsteiner stellte 1900 beim Vermengen von Blut zweier Menschen fest, dass es häufig zu einer starken Verklumpung kam. Ein Jahr später konnte er diesen Vorgang auch bei Vermischung von Erythrozyten und Plasma zweier Menschen nachweisen. So gelang es ihm, drei verschiedene Blutgruppen zu klassifizieren: A, B und 0 (die er noch C nannte). Die Blutgruppe AB entdeckten zwei seiner Kollegen wenig später.
Heute wissen wir, dass Menschen entsprechend ihrer Blutgruppen Antikörper bilden - und zwar immer gegensätzlich zu ihren Antigenen: Wer Blutgruppe A hat, wird Antikörper gegen das B-Antigen bilden, bei Blutgruppe B gegen das A-Antigen. Menschen mit der Blutgruppe AB haben keine Antikörper gegen die Antigene A oder B; Menschen mit der Blutgruppe 0 bilden Antikörper gegen beide.
Blutgruppe | Antigene | Antikörper |
Null (0) | keine | gegen A und B |
A | A | gegen B |
B | B | gegen A |
AB | A und B | keine |
Das AB0-System der Blutgruppen
Grundlage für die Unterscheidung der Blutgruppen ist auch heute noch das AB0-System, welches 1901 von Karl Landsteiner aufgestellt wurde. Folgende Begriffserläuterungen sind hilfreich, um zu verstehen, welche Rolle die Blutgruppen bei der Blutübertragung spielen.
Antigene sind chemische Verbindungen, die groß genug sind um von unseren Immunzellen erkannt zu werden. Jede Zelle unseres Körpers hat an ihrer Oberfläche solche Antigene. Diese dienen als Schutz vor dem eigenen Immunsystem, sozusagen als "Ausweis" der Zelle. Da es nicht nur körpereigene Antigene gibt, haben unsere Immunzellen die Fähigkeit, körpereigene von körperfremden Antigenen (z.B. Viruspartikel oder zerstörte Bakterien) zu unterscheiden.
Erkennen unsere Abwehrzellen ein fremdes Antigen, bilden sie dagegen sogenannte Antikörper. Diese binden die eingedrungenen Mikroorganismen, welche mit dieser Markierung durch das Immunsystem einfacher beseitigt werden können.
Das Immunsystem schützt also den Körper, indem es fremde von eigenen Antigenen unterscheidet und entsprechende Antikörper bildet.
Der Rhesusfaktor
Landsteiner entdeckte 1940 zusammen mit Alexander Wiener ein weiteres Merkmal der Blutgruppen: Den Rhesusfaktor.
Inzwischen kennt man nicht nur einen Faktor, sondern ein ganzes „Rhesussystem" von Antigenen. In der Transfusionsmedizin spielt vor allem das Antigen D eine Rolle, da dieses fast immer die Bildung von Antikörpern hervorruft. Ist ein Mensch Rhesus-positiv, trägt er das D-Antigen auf seinen Erythrozyten. Neben der Bezeichnung Rhesus-positiv kann ebenso „D-positiv" oder „D-negativ" gewählt werden. In Mitteleuropa sind ca. 85 von 100 Menschen Rhesus-positiv, diese Zahl variiert weltweit jedoch sehr stark und wird heute auch als Indikator für die genetische Distanz von Völkern verwendet.
Wussten Sie schon?
Folgenschwere Auswirkungen kann der Rhesusfaktor vor allem bei Schwangerschaften haben: Ist eine rhesus-negative Frau mit einem rhesus-positiven Kind schwanger, kann während der Geburt rhesus-positives Blut in den Kreislauf der Mutter gelangen. Wie nach einer Impfung ist sie somit gegen das Rhesus-Antigen immunisiert und bildet Anti-D-Antikörper. Bei der nächsten Schwangerschaft ist dann Vorsicht geboten: Wenn das Kind erneut rhesus-positiv ist, besteht die Gefahr, dass Anti-D-Antikörper in den kindlichen Blutkreislauf gelangen und dessen lebensnotwendige Erythrozyten zerstören.
Abwenden lässt sich dies, indem man die Immunisierung der Mutter verhindert: Man gibt der Mutter unmittelbar nach der Geburt eines rhesus-positiven Kindes spezielle Anti-D-Antikörper, welche zum einen die Rhesusfaktoren blockieren und zum anderen die für ein weiteres rhesus-positives Kind gefährliche Immunisierung der Mutter verhindern.
Blutgruppenkompatibilität
Ob zwei Blutgruppen miteinander kompatibel, also verträglich sind, hängt hauptsächlich vom Rhesus- und vom ABO-System ab. Dabei muss man bei der Übertragung der verschiedenen Blutbestandteile wichtige Unterschiede beachten. Bei der Transfusion von roten Blutzellen (Erythrozytenkonzentrate) ist die Blutgruppe 0 - (Null, rhesus-negativ) Universalspender: diese Blutgruppe enthält keine Antigene, die mit eventuell vorhandene Antikörpern des Empfängerblutes reagieren können. Patienten der Blutgruppe AB+ (rhesus-positiv) sind wiederum Universalempfänger: Sie bilden weder gegen die Antigene AB noch gegen das Rhesus-Antigen Antikörper, weil diese Antigene als körpereigen erkannt werden.
Überträgt man hingegen Plasma, kehren sich Universalempfänger und -spender um: Patienten mit der Blutgruppe 0 können jedes Plasma bekommen: Selbst die Antikörper, die gegen A-, B- oder Rh-Antigene gerichtet sind, können kein Antigen finden, um damit zu reagieren. Somit sind Patienten mit 0 also Universalempfänger für Plasma. Patienten der Blutgruppe AB+ können demnach universal spenden: Ihr Plasma enthält keine Antikörper gegen die relevanten Antigene des Empfängerblutes.
Plasmaspende | A** | B** | AB** | 0 (Null)** |
A* | P | O | O | P |
B* | O | P | O | P |
AB* | P | P | P | P |
0 (Null)* | O | O | O | P |
*Spender, **Empfänger
Erythrozyten | A** | B** | AB** | 0 (Null)** |
A* | P | O | P | O |
B* | O | P | P | O |
AB* | O | O | P | O |
0 (Null)* | P | P | P | P |
*Spender, **Empfänger