Mechanismen der zellzyklusabhängigen Genexpression
Die differentielle Expression von Genen spielt eine zentrale Rolle bei der Kontrolle des Zellzyklus. Viele essentielle Regulatoren der S- und der G2/M-Phasen werden in ruhenden Zellen und während der frühen Zellzyklusphasen auf Transkriptionsebene reprimiert und beim Voranschreiten des Zellzyklus aktiviert. Als zentrales Promotorelement für die Steuerung von Genen mit einer maximalen Expression in G2 und M wurde das CHR (cell cycle genes homology region) von uns identifiziert. Wir konnten zeigen, dass der DREAM-Komplex in G0 und G1 an das CHR bindet.
DREAM ist ein Multiproteinkomplex bestehend aus den MuvB-Kern-Proteinen LIN9, LIN37, LIN52, LIN54 und RBBP4 sowie E2F4, p130/p107 und DP1. Dieser Komplex vermittelt die Repression seiner Zielgene. Am Übergang von der G1- zur S-Phase werden DREAM-Komponenten modifiziert, so dass sich E2F4, p130/p107 und DP1 vom MuvB-Kern ablösen. Daraufhin bindet B-MYB an MuvB und es entsteht der MYB-MuvB-Komplex (MMB), was die Initiation der Aktivierung der MMB-gebundenen Gene bewirkt. In G2 und M wird B-MYB am MuvB-Kern durch FOXM1 ersetzt, woraufhin die FOXM1-MuvB-Zielgene ihre maximale Aktivität erreichen.
Obwohl sowohl der repressive Komplex als auch die aktivierenden Komplexe mit E2F4/DP1, B-MYB und FOXM1 Transkriptionsfaktoren beinhalten, für die spezifische DNA-Bindungselemente beschrieben sind, konnten wir über bioinformatische Analysen, die Untersuchung der Regulation verschiedener Gene und durch Bindungsstudien zeigen, dass alle drei Komplexe über das CHR an die Promotoren von Zellzyklusgenen binden können. Dabei spielt wahrscheinlich das Protein Lin54 eine zentrale Rolle, welches Bestandteil sowohl des repressiven als auch der aktivierenden Komplexe ist.
Der Fokus unserer Forschungsprojekte liegt auf der Identifizierung und Analyse von CHR-regulierten Genen, der Untersuchung von Protein-DNA-Wechselwirkungen an den Promotoren von Zellzyklusgenen sowie der Aufklärung von Mechanismen, über die eine Bindung von DREAM/MMB/FOXM1 an Promotoren zu einer zellzyklusabhängigen Genregulation führt.
Dieses Projekt wird durch die DFG gefördert (Projekt EN 218/11-1).
Der Transkriptionsfaktor p53: kein Repressor, nur ein Aktivator
Ein wichtiger Regulator des Zellzyklus ist der Tumorsuppressor p53. Bei Stress und Zellschädigungen führt seine Aktivierung zur Zellzyklusarrest und Apoptose. Diese Funktionen werden von p53 hauptsächlich als Transkriptionsfaktor vermittelt. Es ist generell anerkannt, dass die transkriptionelle Aktivierung durch p53 mittels Bindung an spezifische DNA-Bindungsstellen in den Promotoren von p53-Zielgenen erfolgt. Die Aktivierung von p53 führt jedoch auch zur Repression einer Vielzahl an Genen, wofür verschiedene Modelle postuliert wurden.
Wir haben diese Modelle mit einer bioinformatischen Meta-Analyse beruhend auf genomweiten Daten untersucht. Interessanterweise stellten sich dabei mehrere dieser Modelle als nicht plausibel heraus. Eine direkte Repression von Zielgenen durch p53-Bindung konnte nicht bestätigt werden. Untersuchungen in unserem Labor zeigen, dass p53 seine Zielgene vielmehr durch einen indirekten Mechanismus reprimiert. Dabei liegt unser Fokus auf der Analyse des p53-p21-DREAM/RB-Signalwegs. Wir können zeigen, dass die p53-abhängige Aktivierung dieses Signalwegs zur Repression einer Vielzahl an Zellzyklusgenen führt.
Neue Strategien zur Tumortherapie durch Kombination mit CDK4/6-Kinase-Inhibitoren Eine wichtige Gruppe von Proteinen, die für die Zellteilung von Bedeutung sind, stellen bestimmte Kinasen dar. Diese Enzyme, die sogenannten Cyclin-abhängigen Kinasen 4 und 6 (CDK4/6), sind von zentraler Bedeutung, um die Zellteilung anzustoßen. Als 2004 der erste CDK4/6-Inhibitor entdeckt wurde, waren die Hoffnungen groß, dass diese spezifischen Inhibitoren bei allen Tumorerkrankungen einsetzbar sein würden. Allerdings haben Untersuchungen mit den inzwischen vier wirkungsähnlichen CDK4/6-Inhibitoren schon bald gezeigt, dass sie alleine als Medikamente nicht ausreichen, um Tumorerkrankungen zu behandeln. Daher werden schon seit der Zulassung des ersten CDK4/6-Inhibitors für die Tumortherapie im Jahre 2015 auch alle weiteren Inhibitoren dieser Klasse immer nur in Kombination mit klassischen Chemotherapien eingesetzt. Die Überlebenszeit der Patienten wird durch die Behandlung zwar verlängert, aber eine vollständige Heilung - wie man sie eigentlich erhoffen konnte - wird meist nicht erreicht. Weiterhin kommt es bei den Patienten durch die klassische Chemotherapie zu erheblichen Nebenwirkungen.
Es stellt sich daher die Frage: Wie kann ein Tumor die Blockade der Zellteilung trotz Behandlung mit CDK4/6-Inhibitoren umgehen?
Zusammen mit anderen Forschenden haben wir in den letzten Jahren aufgeklärt, wie sogenannte Onkogene die Hemmung der Zellteilung durch CDK4/6-Inhibitoren verhindern. Diese Onkogene verwenden mehrere Signalwege, die alternativ zu den CDK4/6-Kinasen die Zellteilung antreiben. Ziel des vorgeschlagenen Projekts ist, die Hemmung dieser alternativen Signalwege in Kombination mit den CDK4/6-Inhibitoren zu erreichen. Die aus den Experimenten resultierenden neuen Kombinationstherapien haben das Potential, die Zellteilung effizient anzuhalten. Diese Kombinationstherapien sollten für alle Tumorarten anwendbar sein, da sie auf dem grundlegenden Mechanismus der Zellteilung beruhen. Wir werden unsere Untersuchungen aber zunächst mit Darm- und Brustkrebszellen beginnen. Bei Brusttumoren werden CDK4/6-Inhibitoren bisher meist eingesetzt. Darmkrebszellen nutzen wir, da wir für diese Tumorart bereits genetisch veränderte Zellen erzeugt haben, mit denen die Wirksamkeit der verschiedenen Therapien unterschieden werden kann. Nach Abschluss dieser ersten Pilotstudie in zwei Jahren werden wir die Allgemeingültigkeit unserer Ergebnisse an Zellen anderer wichtiger Tumorerkrankungen der Haut, Lunge und Leber untersuchen.
Allgemein besitzt das hier vorgestellte Konzept das Potential, neue und genau gezielte Therapien für ein weites Spektrum an Tumorerkrankungen zu entwickeln. Die Arbeiten können die Grundlage bilden, CDK4/6-Inhibitoren schließlich für alle Tumortherapien nutzbar zu machen. Darüber hinaus ist das Ziel, CDK4/6-Inhibitoren nicht mehr mit den klassischen Chemotherapien kombinieren zu müssen. Dann kann mit spezifischeren Therapien für die Patienten auch eine Minderung der Nebenwirkungen erreicht werden.
Dieses Projekt wird durch die Roland-Ernst-Stiftung gefördert.