In der täglichen Arbeit von Medizinern, Psychologen und Sozialarbeitern werden viele Kinder und Erwachsene betreut, die an Langzeitauswirkungen stressvoller Lebenserfahrungen leiden. Dabei spielen vor allem psychische Symptome wie Angst, Depression oder Verhaltensschwierigkeiten eine wichtige Rolle.
Während eine Vielzahl betroffener Kinder und Jugendlicher mit solchen Problemen kämpft, entwickeln andere aus der Erfahrung stressreicher Lebenssituationen keine derartigen Schwierigkeiten. Einige gehen sogar gestärkt aus problematischen Erfahrungen hervor. Diese individuellen Unterschiede wurden bislang selten genau untersucht, können uns aber lehren, was einen erfolgreichen Umgang mit solchen stressvollen Erlebnissen möglich macht. So scheint es spezielle Rahmenbedingungen zu geben (z.B. Alter oder Persönlichkeitseigenschaften des Kindes sowie soziale Unterstützung durch das Umfeld), von denen sich manche positiv (Schutzfaktoren), andere hingegen negativ auswirken (Risikofaktoren).
Vor allem für das Kindesalter ist noch wenig darüber bekannt, welchen Einfluss dieser entwicklungsabhängigen, geistig-emotionalen und sozialen Rahmenbedingungen auf verschiedene Entwicklungspfade des Kindes haben.
Um die bestehenden Wissenslücken zu schließen, rief die Bundesregierung 2010 ein neues Förderprogramm ins Leben. Forschungsverbünde konnten sich hier um Fördermittel bewerben. Der in Leipzig initiierte Verbund AMIS ("Analyse von Verlaufsmustern internalisierender Symptome nach frühen Stresserfahrungen"), erhielt im Rahmen eines kompetitiven zweistufigen Antragsverfahrens nach positiver Bewertung durch ein prominent besetztes, internationales Wissenschaftlergremium den Zuschlag und führte zwischen 2012 und 2015 mit rund 900 Kindern und Jugendlichen sowie ihren Familien eine der deutschlandweit größten Entwicklungsstudien zu diesem Thema durch. AMIS stellte damals ein Netzwerk aus Wissenschaftlern der Universität Leipzig, der Technischen Universität Dresden, dem Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München sowie der Jugendämter der Städte Leipzig und München dar und wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit rund 2,5 Mio. Euro gefördert.
Als eine der wichtigsten Erkenntnisse der ersten Projektphase konnte gezeigt werden, dass die biologische Stresshormonregulation von Kindern mit und ohne stressreiche Lebenserfahrungen bereits ab dem Alter von neun Jahren unterscheidet. Aus diesen und anderen Ergebnissen wurde der Schluss gezogen, dass betroffene Kinder zum frühestmöglichen erreicht werden sollten, um spätere gesundheitliche Folgen abzumildern.
Um den Folgen stressreicher Lebenserfahrungen für Kinder und Jugendliche weiter auf den Grund zu gehen, rief die Bundesregierung 2016 erneut ein Förderprogramm ins Leben. Nach einem zweistufigen Antragsverfahren erhielt der AMIS Verbund abermals eine positive Bewertung durch das Gutachtergremium der ersten Förderphase und damit nochmals einen Zuschlag über 2,5 Millionen € für die Projektlaufzeit 2019-2023. Diesmal setzt sich das Netzwerk aus Wissenschaftlern der Universität Leipzig, der Universität Siegen, der Medical School Hamburg, der TU München, dem Amt für Jugend, Familie und Bildung (AfJFB) Leipzig, der TU Dresden sowie Kooperationspartnern an der University of Rochester, der Yale University, und dem Karolinska Institute, Stockholm zusammen.