In den letzten Jahren haben sich die operativen Möglichkeiten zur Korrektur von Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten deutlich weiterentwickelt, so dass heute seltener Korrekturoperationen erforderlich sind.
Ziel unseres interdisziplinären Behandlungskonzeptes ist es, bis zur Einschulung des Kindes ein normales Aussehen und eine ungestörte Entwicklung der Sprach- und Sprechfunktion zu erreichen, damit sich das Kind in normaler Schulumgebung altersgemäß und unbeeinträchtigt entwickeln kann.
Dennoch können im Einzelfall funktionelle oder ästhetische Korrektureingriffe notwendig werden, die wir im Folgenden erläutern möchten.
Sprechverbessernde Operationen (Velopharyngoplastik)
Bei einem geringen Teil der Kinder (ca. 5 Prozent) gelingt es nicht, allein durch die Rekonstruktion der Muskulatur und die nachfolgende sprachtherapeutische Förderung eine Normalisierung der Sprache zu erreichen. Häufig besteht bei diesen Kindern eine Störung der Abschlussfunktion des weichen Gaumens zwischen Nasen- und Rachenraum, so dass ein offenes Näseln verbleibt. Um diese Sprechstörung zu beheben, kann eine Velopharyngoplastik durchgeführt werden, bei der ein Schleimhautmuskelstreifen von der Rachenhinterwand zur Verlängerung oder Zügelung in den weichen Gaumen eingelagert wird. Diese Operation sollte, wenn erforderlich, noch vor der Einschulung des Kindes erfolgen, um eine ungestörte Schulentwicklung zu gewährleisten.
Nasenstegplastik (Columellaplastik)
Trotz heute vorhandener sehr guter operativer Techniken kann bei Patienten mit doppelseitiger LKG-Spalte nach primärem Spaltverschluss ein sehr kurzer Nasensteg mit einer abgesunkenen Nasenspitze verbleiben und eine ästhetische Korrektur erfordern. In einzelnen Fällen ist bei sehr ausgeprägten Formen bereits im Vorschulalter eine Korrektur sinnvoll. Die Nasenstegverlängerung wird unter Einbeziehung der vorhandenen Narben und des Gewebes der Oberlippe durchgeführt.
Nasenkorrektur (Septorhinoplastik)
Trotz gut verlaufender Erstoperationen kann es vor allem bei einseitigen LKG-Spalten im Laufe des Wachstums zu einer asymmetrischen Entwicklung der Nase kommen. In der Regel betrifft diese Veränderung hauptsächlich den knorpeligen Teil der Nase und die Nasenscheidewand und resultiert in einer Abflachung des knorpeligen Nasenflügels auf der Spaltseite sowie einem Schrägstand der Nasenscheidewand. Dadurch kommt es zu einem gestörten Luftstrom in der Nase mit folgender Vergrößerung der Nasenmuscheln. In einzelnen Fällen kann auch eine zusätzliche Fehlbildung der knöchernen Nase vorliegen.
Wenn durch die spaltbedingte Veränderung der inneren oder äußeren Nase erhebliche funktionelle Beschwerden im Sinne einer gestörten Atemluftpassage durch die Nase oder deutliche ästhetische Beeinträchtigungen vorliegen, führen wir eine entsprechende Korrekturoperation durch. Hier erfolgt der operative Eingriff in der Regel erst nach Wachstumsabschluss, d. h. ab dem 17. / 18. Lebensjahr, um eine erneute wachstumsbedingte Veränderung der operativ erreichten Nasenform auszuschließen.
Narbenkorrektur
Bei einigen Patienten kann es durch Wundheilungsstörungen im Rahmen der Erstoperation oder wachstumsbedingt zur Entstehung von Abweichungen und Narben im Bereich der Oberlippe oder des Naseneinganges kommen. Diese ästhetischen Beeinträchtigungen können ebenfalls korrigiert werden, wobei auch hier die günstigsten operativen Ergebnisse nach Wachstumsabschluss erreicht werden können.
Bei funktionell oder erheblich ästhetisch beeinträchtigenden Abweichungen ist im Einzelfall auch eine Korrekturoperation zu einem früheren Zeitpunkt erforderlich und sinnvoll.
Kieferorthopädische Operationen
Bei einigen Patienten kann durch die alleinige kieferorthopädische Behandlung eine auf die Spalterkrankung zurückzuführende Hemmung und Beeinflussung des Kieferwachstums nicht korrigiert werden, so dass eine kieferorthopädische Operation notwendig wird. Mit Hilfe solcher Eingriffe ist es möglich, Abweichungen der Ober- und Unterkieferpositionen sowie eine daraus resultierende ungünstige Verzahnung zu korrigieren und damit eine funktionelle und häufig auch ästhetische Verbesserung zu erreichen.
Neben der klassischen operativen Methode der Ober- bzw. Unterkieferverlagerung konnte auch in unserer Klinik in den letzten Jahren eine neue Operationstechnik (Distraktionsosteogenese) erfolgreich angewandt und weiterentwickelt werden, die es ermöglicht, auch größere Abweichungen (z. B. eine ausgeprägte Mittelgesichtsrücklage) sehr gut zu korrigieren.
Voraussetzung für die erfolgreiche Behandlung von Veränderungen der Kieferposition und der Verzahnung ist eine optimale Zusammenarbeit mit dem Kieferorthopäden, da vor der operativen Korrektur eine kieferorthopädische Vorbehandlung mit Ausformung der Zahnbögen notwendig ist.