Warum sind 30 Jahre NGS in Sachsen ein
Erfolg aus Ihrer Sicht?
Das NGS in Sachsen bietet eine hervorragende Struktur, an die sich im Regierungsbezirk Leipzig in vorbildhafter Weise auch das Neugeborenen-Hörscreening andocken konnte. Dieses ist seit 2009 ein fester Bestandteil der Früherkennungsuntersuchungen aller Kinder nach der Geburt und sucht nach angeborenen Hörstörungen, die mit einer Inzidenz von 2-3:1000 zu den häufigsten angeborenen Gesundheitsstörungen überhaupt zählen. Insofern sind wir aus Sicht der Pädaudiologie sehr dankbar, dass wir von der erfolgreichen Geschichte des Stoffwechselscreenings profitieren dürfen.
Welche medizinischen Möglichkeiten eröffnen sich durch das Screening?
Durch den permanenten und lückenlosen Abgleich der Daten aus dem Stoffwechselscreening mit dem Hörscreening erfassen wir nahezu alle Neugeborenen für einen Hörtest üblicherweise am 2 bis 3. Lebenstag. Dadurch gelingen die zuverlässige Bestätigungs-Diagnostik angeborener Hörstörungen innerhalb der ersten drei Lebensmonate und die zeitnahe Versorgung mit Hörgeräten oder Cochlea Implantaten – das sind chirurgisch eingesetzte elektronische Hörhilfen, mit denen selbst hochgradig schwerhörige oder taube Menschen Sprache verstehen können.
Was bedeutet das NGS für die präventive Behandlung von Neugeborenen / Kleinkindern?
Der kindliche Spracherwerb ist nur in einem Zeitfenster zwischen der Geburt und etwa dem 6.-7. Lebensjahr möglich. Voraussetzung dafür ist ein normales Hörvermögen. Fehlt dieses drohen gravierende Störungen der Sprach- und Intelligenzentwicklung sowie des Verhaltens und die deutliche Einschränkung der Teilhabe der Kinder am kommunikativen Alltag. Man kann sagen: Nur durch die rechtzeitige Diagnostik angeborener Hörstörungen auf der Grundlage der engen Zusammenarbeit mit dem Stoffwechselscreening können wir diese Folgen vermeiden.
Wie hat sich Ihre Arbeit durch das NGS verändert?
Durch den sehr strukturierten Datentransfer vom Stoffwechsel- zum Hörscreening können wir alle Neugeborenen im Regierungsbezirk Leipzig erfassen und auch Kinder aus benachbarten Regierungsbezirken und Bundesländer nachverfolgen. Selbst Kinder, die durch andere Gesundheitsstörungen intensivmedizinisch betreut werden müssen und bei denen das Hörscreening erst später stattfinden kann, verlieren wir nicht. Das hat die Qualität der Versorgung Hörgeschädigter enorm verbessert. Zudem genießen wir die enge interdisziplinäre und kollegiale Zusammenarbeit – gerade bei komplexen Fällen.
Wie wird sich das Screening in der Zukunft weiterentwickeln?
Aus Sicht des Hörscreenings werden vor allem neue Softwarelösungen eine Rolle spielen. Sie sollen die Datensicherheit und die Benutzerfreundlichkeit werter erhöhen. Wir verbinden damit die Hoffnung, die ohnehin schon sehr guten Erfassungs- und Nachverfolgungsquoten des Hörscreenings noch weiter zu steigern.