Ein Tumor zieht alle Nährstoffe an sich und nutzt diese für sein Wachstum.
Daher erklärt sich ein möglicher Gewichtsverlust. Aber auch Angst und Sorge
wirken sich negativ auf den Appetit aus. Daher sollte ungefähr einmal in der
Woche eine Gewichtskontrolle erfolgen. Wenn ein Gewichtsverlust von mehr als 5 Prozent
beobachtet wird, sollte eine energie- und eiweißreiche Ernährung im Fokus
stehen. Es sollte sichergestellt werden, dass genügend Lebensmittel vorrätig
sind, damit nicht erst eingekauft werden muss, wenn der Appetit kommt. Das Essen
kann grundsätzlich mit energiereichen Lebensmitteln wie Butter und Öl
aufgewertet werden.
Grundsätzlich sollte so lange wie möglich eine vollwertige Ernährung mit
normalen Lebensmitteln im Vordergrund stehen, wobei sich die einzelnen Stufen
der Ernährungstherapie nicht ausschließen, sondern miteinander kombinieren
lassen. Die ernährungsmedizinischen Behandlungsstrategien sollten individuell
besprochen und ausgeschöpft werden.
Stufe I: Evaluation und konsequente Therapie
der individuellen Ursache
Das Ernährungsassessment ist die wichtigste Grundlage für die Einleitung
einer notwendigen Ernährungstherapie. Im Ernährungsassessment werden nicht nur
die Ernährung und Therapie isoliert betrachtet, sondern auch die Lebensumstände
(z. B. Trennung von Familien, Verlust von Haustieren, nicht mehr passende
Zahnprothesen). Wenn solche Faktoren Einfluss haben, sollte eine Intervention
auch in diesem Bereich angeboten bzw. empfohlen werden.
Stufe II: Ernährungsmodifikationen, Ernährungsberatung, intensivierte
Betreuung, individuelle Wunschkost, Einsatz von Hilfsmitteln
Eine qualifizierte Ernährungsberatung ist essenzieller Bestandteil
der Ernährungstherapie. Leider ist in Deutschland der Begriff
„Ernährungsberater" gesetzlich nicht geschützt. Jeder darf sich
Ernährungsberater nennen und Diättherapien und Ernährungsberatung
durchführen. Der Bundestag hat im Jahr 2007 eine Petition abgelehnt,
die das Ziel hatte, den Begriff „Ernährungsberater" zu schützen; er
verwies auf die Berufsgruppe der Diätassistenten. Der Grund:
Diätassistenten sind der einzige bundesrechtlich geregelte und somit
gesetzlich geschützte Heilberuf, dessen gesetzliches Ausbildungsziel
die Durchführung von diättherapeutischen und
ernährungsmedizinischen Maßnahmen und somit auch von
Ernährungsberatungen ist.
In dieser Stufe heißt es, geschickte Lebensmittelkombinationen zu finden, um
ausreichend Energie und Eiweiß sowie andere Mikro- und Makronährstoffe
aufzunehmen und damit eine Gewichtsabnahme beziehungsweise eine Mangelernährung
zu vermeiden. Das Ernährungsverhalten wird regelmäßig überprüft, z. B. durch
Auswertungen von Ernährungsprotokollen, und bei Bedarf korrigiert.
Stufe III: Trinknahrungsupplement
Die Indikation zum unterstützenden Einsatz von Trinknahrungssupplementen
besteht in der nicht ausreichenden Fähigkeit zur normalen Ernährung aufgrund der
onkologischen Genese und frustraner bisheriger diätetischer Interventionen.
Mittlerweile gibt es sehr viele Trinknahrungsangebote, welche sich geschmacklich
und in Bezug auf ihre Konsistenz sehr ins Positive gewandelt haben.
Trinknahrungen sind in der Regel vollbilanziert und entsprechen damit den
Vorgaben einer vollwertigen Ernährung, inklusive der Mikro- und
Makronährstoffzufuhr.
Wenn Patienten auf
Trinknahrung angewiesen sind, sollten mehrere Geschmacksrichtungen und
Konsistenzen ausprobiert werden, um die Akzeptanz zu fördern. Auch bieten
Trinknahrungen Möglichkeiten das Essen abwechslungsreich und appetitanregend zu
gestalten, sodass der Genuss am Essen erhalten bleibt. So können beispielsweise
Puddings und Fruchtgetränke angereichert oder Eis oder Gebäcke hergestellt
werden. Wenn mit Trinknahrung begonnen wird, sollte diese anfangs nur in kleinen
Portionen als Zwischenmahlzeit aufgenommen werden, um den Körper an die hohe
Energiedichte zu gewöhnen. Sie sollten nicht direkt vor einer Mahlzeit getrunken
werden, um nicht bereits ein Sättigungsgefühl auszulösen. Trinknahrungen können
sowohl erwärmt werden, was sich zum Beispiel bei Kakao anbietet, als auch
gekühlt; auch zu selbstgemachtem Eis kann Trinknahrung verarbeitet werden. In
den Arzneimittelrichtlinien zur enteralen Ernährung ist festgelegt, dass die
gesetzlichen Krankenkassen dazu verpflichtet sind, die Kosten für Trinknahrung
zu übernehmen sobald:
- eine fehlende oder eingeschränkte Fähigkeit zur normalen Ernährung vorliegt
- die Verbesserung der Ernährungssituation durch ärztliche, pflegerische oder
ernährungstherapeutische Maßnahmen nicht zu erreichen ist.
Stufe IV: unterstützende künstliche enterale
Ernährung
Wenn Ernährungsberatung und Trinknahrung nicht mehr ausreichen, eine
ausreichende Nährstoffzufuhr zu gewährleisten, dann wird eine zusätzliche oder
ausschließliche enterale Ernährung in Form von Sondennahrung notwendig. Auch die
Sondennahrung ist bedarfsdeckend. Sie ist in der Regel flüssig und wird über
Ernährungssonden appliziert. Wenn Sondennahrung nur kurzfristig, also für 2 - 3
Wochen, notwendig sein sollte, erfolgt dies meist über nasogastrale oder
nasojejunale Sonden. Wenn ein längerfristiger Zeitraum angedacht ist, dann
erfolgt dies über eine perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG) oder eine
perkutane endoskopische Jejunostomie (PEJ), perkutane radiologische Gastrostomie
(PRG) beziehungsweise über chirurgische Interventionen wie beispielsweise der
Feinnadel-Katheder-Jejunostomie (FKJ).
Stufe V: unterstützende künstliche parenterale Ernährung
Parenterale Ernährung ist oftmals nur vorübergehend notwendig, um Phasen, in
denen die Nährstoffzufuhr über den Magen- Darm-Trakt nicht ausreichend ist, zu
überbrücken. Parenterale Ernährung kann bei Bedarf auch langfristig die
Ernährung sicherstellen. Laufzeit und Häufigkeit der parenteralen Ernährung sind
jedoch vom individuellen Bedarf abhängig. Auch in diesem Bereich gibt es
verschiedene Angebote; viele Firmen stellen bereits vorgefertigte Zwei- oder
Drei-Kammerbeutel zur Verfügung. Zudem kann aber auch ein spezielles Compounding
auf individuelle Bedürfnisse oder Nährstoffmängel eingehen; hierbei wird die
Zusammenstellung individuell berechnet.