Mehr als 25 Prozent der erwachsenen Bevölkerung in westlichen Gesellschaften leiden zumindest zeitweise unter Sodbrennen, einem der Kardinalsymptome der gastroösophagealen Refluxerkrankung (GERD = GastroEsophageal Reflux Disease). Die Refluxerkrankung ist überwiegend auf Lebensgewohnheiten wie Übergewicht, Fehlernähung und mangelnde Bewegung zurückzuführen und in den meisten Fällen mit einem Zwerchfellbruch (= Hiatushernie) assoziiert.
Die chronische Exposition der distalen Speiseröhre mit saurem Mageninhalt kann bei langer Bestehensdauer zu einer Veränderung der Schleimhaut führen, dem Barrett-Ösophagus, welcher über die Meta- und Dysplasie Grundlage für eine mögliche maligne Transformation zum Barrett-Karzinom bildet.
Prädisponierende Faktoren des Barrett-Karzinoms sind - neben der Refluxerkrankung und dem Übergewicht - der Nikotinkonsum, geschlechtsspezifische Faktoren mit einer starken Dominanz des männlichen Geschlechts, und die Helicobacter pylori-Infektion mit einer inversen Korrelation, also einer Zunahme des Barrett's nach Eradikation des Bakteriums bei Nachweis im Magen.
Insgesamt zählen der gastroösophageale Reflux, der Barrett-Ösophagus und das Barrett-Karzinom zu den Zivilisationserkrankungen unserer Zeit. Die soziomedizinische sowie -ökonomische Bedeutung der Refluxerkrankung und des Barrett's, insbesondere deren Präventions- bzw. Therapieoptionen, sind somit von großer Relevanz.
Eine systematische Analyse der Literatur ergab eine Prävalenz des Langsegment-Barrett-Ösophagus (metaplastisches Segment von > 3 cm in longitudinaler Ausdehnung) in der Bevölkerung von 1 Prozent, des Kurzsegment-Barrett-Ösophagus (1 - 3 cm) von 8 Prozent und des ultrakurzen Barrett-Ösophagus (< 1 cm) von 15 Prozent.
Der Barrett-Ösophagus ist somit viel häufiger, als bisher vermutet, während die Progression zum Barrett-Karzinom auf dem Boden eines Barrett-Ösophagus deutlich geringer ist, als bisher angenommen: Wurde noch in den 2000er Jahren ein exponentieller Anstieg des Barrett-Karzinoms, lokalisiert im distalen Ösophagus und somit einem AEG (Adenocarcinoma of the EsophagoGastric junction) Typ I nach der Siewert-Klassifikation entsprechend, mit bis zu 125-fach erhöhtem Risiko bei vorliegendem Barrett-Ösophagus beschrieben, konnten neuere populationsbasierte Studien zeigen, dass das Karzinomrisiko eines Barrett-Ösophagus zwischen 0,10 Prozent und 0,15 Prozent pro Jahr beträgt und dass Patienten mit bekanntem Barrett-Ösophagus nur selten an einem Barrett-Karzinom sterben. Verglichen mit dem Risiko in der Normalbevölkerung liegt das relative Risiko eines Adenokarzinoms bei Patienten mit Barrett-Ösophagus bei 11,3 (95 Prozent KI: 8,8-14,4). Histologisch ist der Nachweis einer intraepithelialen Neoplasie (IEN; Dysplasie) der wichtigste Risikofaktor für das Karzinom. Der Nachweis einer niedriggradigen Dysplasie bei der Erst-Endoskopie ist mit einer Karzinominzidenz-Rate von 5,1 Fällen pro 1000 Patientenjahre assoziiert (im Vergleich dazu: ohne Dysplasie liegt die Rate bei nur 1,0 Fällen pro 1000 Patientenjahre). Risikoberechnungen für die hochgradige Dysplasie sind nur geringfügig höher.
Wenngleich bisher viele molekulargenetische Biomarker für den Barrett-Ösophagus sowie für die Progression von der Dysplasie zum Karzinom identifiziert wurden, sind die derzeitigen klinischen Anwendungsmöglichkeiten zur spezifischen, individuellen Risikoprädiktion limitiert. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass ca. 1/3 der Patienten mit Barrett-Ösophagus asymptomatisch sind und mindestens 40 Prozent der Patienten mit Barrett-Karzinom keine klinischen Hinweise auf eine gastroösophageale Refluxkrankheit aufweisen, was möglicherweise darauf zurückzuführen ist, dass die subjektive Perzeption des Symptoms „Reflux" bei entsprechender Zelltransformation zum Barrett abnimmt.