Wenn die Blätter fallen und die Temperaturen sinken, steigt das Risiko, sich mit Grippeviren zu infizieren. Im Unterschied zu einer Erkältung kann eine "echte Grippe" (Influenza) deutlich schwerer oder sogar tödlich verlaufen. UKL-Virologe Prof. Uwe Gerd Liebert gibt wichtige Tipps, wie man einer Grippeerkrankung vorbeugen kann, wer sich impfen lassen sollte und was dabei zu beachten ist.
Wie ist die aktuelle Situation: Sind schon viele Grippefälle zu verzeichnen?
Nein, es gibt deutschlandweit keinerlei erhöhte Grippeaktivitäten, so wie es auch zu dieser Jahreszeit bei uns üblich ist. Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, sich um den Impfschutz zu kümmern!
Wann beginnt die Grippesaison?
Üblicherweise kommt die Grippewelle im Zeitraum Januar bis März, manchmal auch bis April. Im letzten Jahr setzte sie allerdings schon früh im Dezember ein. Ob es in diesem Jahr auch so ist, wissen wir nicht. Wann die Grippewelle kommt und welches Virus dann aktiv sein wird, darüber kann man jetzt noch keine Aussage treffen.
Warum nehmen die Grippefälle in der kalten Jahreszeit zu?
Ganz einfach, in den Wintermonaten rücken die Menschen enger zusammen, halten sich in größeren Mengen in einem geheizten Raum auf oder fahren zum Beispiel mehr Bus oder Straßenbahn. Da fassen sie dieselben Griffe an wie jemand, der sich vorher vielleicht in die Hand geniest oder gehustet hat. So hat das Virus ganz leichtes Spiel, sich zu verbreiten.
Woran merkt man, ob man erkältet oder mit einem Grippevirus infiziert ist?
Erkältung und Grippe haben grundsätzlich dieselben Symptome: Husten, Schnupfen und Unwohlsein. Bei einer Grippe kommen zusätzlich Fieber, Kopfschmerzen oder Abgeschlagenheit hinzu. Mitunter sind auch Organsysteme beteiligt, und es kommt zum Beispiel zu einer Herzmuskel-Entzündung. Im Unterschied zu einer Erkältung, die eher schleichend beginnt, tritt eine Influenza sehr plötzlich und heftig auf. Auf jeden Fall sollte man bei Fieber zum Arzt - je eher, desto besser.
Wer ist besonders gefährdet an Grippe zu erkranken?
Jede Infektionskrankheit bringt das Gleichgewicht im Körper durcheinander: Organfunktionen, die körpereigene Abwehr, das Immunsystem, den Stoffwechsel ganz allgemein. Bestimmten Risikogruppen wird deshalb dringend empfohlen, sich impfen zu lassen. Dazu gehören Patienten mit Stoffwechselkrankheiten wie beispielsweise Diabetes, ebenso wie Menschen mit einem geschwächten Immunsystem, also Säuglinge und sehr kleine Kinder oder die ältere Bevölkerung ab 60 Jahre, sowie Menschen mit organspezifischen Krankheiten, etwa Herz-, Lungen- oder Nierenkrankheiten.
Insgesamt haben 25 Prozent der Bevölkerung ein höheres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf und auch ein höheres Risiko, an einer Influenza zu sterben. Grippe ist eine Erkrankung, die zum Tod führen kann. Das muss klar sein.
Und grundsätzlich: Grippeschutzimpfung ja oder nein?
Wir haben keine Impflicht, aber ja: Es sollte sich jeder impfen lassen. Es wird immer gesagt, dass die Impfung nicht schützt, und dass man die Grippe trotzdem bekommen kann. Das ist richtig. Aber eine Influenzainfektion nach einer Impfung verläuft sehr viel milder und ohne Risiko, schwer krank zu werden. Die Impfung ist in jedem Fall hilfreich, denn auch ein Teilschutz ist besser als keiner. Zudem führt die Impfung von Schwangeren, die während der Grippesaison gebären, dazu, dass schon die Neugeborenen einen Impfschutz erhalten.
Hinzu kommt, dass man nicht nur sich selbst gefährdet, wenn man nicht geimpft ist, sondern man gibt das Virus auch weiter. Deshalb sollten sich unbedingt auch diejenigen impfen lassen, die viel im Kontakt mit anderen Menschen stehen: medizinisches Personal, Lehrer, Kindererzieher, Schüler.
Wann ist der richtige Impfzeitpunkt?
Der beste Zeitpunkt für eine Impfung ist im Oktober. Nach der Impfung dauert es etwa zehn Tage, bis der Impfschutz vollständig aufgebaut ist. Man geht davon aus, dass er danach ein halbes Jahr anhält. Deshalb sollte man die Impfung jedes Jahr erneuern. Das gilt für Erwachsen ebenso wie für Kinder. Für letztere steht neben der Impfinjektion auch ein Spray für die Nase zur Verfügung.
Was sollte man beachten, wenn man sich gegen Grippe impfen lassen will?
Das Grippevirus ist hochvariabel. Es gibt vier verschiedene Stämme, aus denen jedes Jahr die Impfstoffe zusammengesetzt werden. Standardmäßig gibt es den Dreifach-Impfstoff, bestehend aus Komponenten gegen drei der vier Virusstämme. Dieser Impfstoff birgt das Risiko, dass er unter Umständen genau den Virusstamm, der sich dann verbreitet, nicht enthält und man sich somit trotz Impfung infizieren kann. Dieser Fall trat im letzten Jahr zum Beispiel sehr oft auf. Sicher geschützt ist man mit dem Vierfach-Impfstoff, der Komponenten gegen alle vier zirkulierenden Virenstämme enthält. Patienten rate ich deshalb, ihren Hausarzt gezielt auf den Vierfach-Impfstoff anzusprechen.
Was kann ich tun, um mich vor Grippe zu schützen?
Ratsam ist, sich auch in der kälteren Jahreszeit so viel wie möglich an der frischen Luft aufzuhalten und zum Beispiel Fahrrad zu fahren. Ordentliche Händehygiene ist ganz wichtig, ebenso wie richtiges Niesen und Husten - das Robert-Koch-Institut empfiehlt hier die Ellenbeuge. Bei Schnupfen sollte man auf keinen Fall auf Stofftaschentücher, sondern auf die Papiervariante zurückgreifen und diese dann auch unmittelbar nach der Nutzung entsorgen. Wenn die Grippewelle da ist, ist der Besuch von Großveranstaltungen eher keine gute Idee - die viel bessere hingegen ist, sich impfen zu lassen.