Im Januar 2018 veröffentlichte die Universität Leipzig die unten stehende Pressemitteilung zu der Studie "Individual human scent as a forensic identifier using mantrailing" (Woidtke, Dressler, Babian - Forensic Science International 282 (2018) 111-121). In der Überschrift wurde zuspitzend die Frage aufgeworfen, ob Hunde DNA riechen können. Diese Formulierung führte in der Folge zu falschen Darstellungen in den Medien. Mit der vorliegenden Mitteilung sollen daher einige wichtige Punkte richtiggestellt werden.
Mit der Studie wurde untersucht, wie zuverlässig Mantrailerhunde individuelle menschliche Gerüche unterscheiden und verfolgen können. In der Studie wurden keine Aussagen dazu getroffen, ob sich die Hunde dabei an "Bodenspuren" oder "Hochwitterung" orientieren, weil das für die vorgenannte Fragestellung unerheblich war.
Die Versuche erfolgten unter realitätsnahen örtlichen Bedingungen, d.h. nicht im Labor, sondern in realen städtischen Testgebieten - wie auch bei tatsächlichen polizeilichen Einsätzen, das heißt mit Personen- und Fahrzeugverkehr, urbaner Geräuschkulisse und zahlreichen Fremdgerüchen.
Dabei kamen auch DNA-haltige Geruchsproben zum Einsatz, die nicht näher identifizierbare Begleitstoffe aus den Blutproben enthielten – darauf wurde in der oben genannten Publikation hingewiesen. Die mehrfach in den Medien wiedergegebene Behauptung, "Mantrailerhunde können DNA riechen" entspricht nicht den Ergebnissen der Studie oder der Intention der Autoren.
Ebenso ist die mediale Darstellung, die Ergebnisse der Studie würden "Mantrailing als sicheres forensisches Beweismittel" oder ein "polizeiliches DNA-Mantrailing" propagieren, falsch. Vielmehr hat die Studie eine erste wissenschaftlich begründete Einschätzung der Zuverlässigkeit der Geruchsunterscheidung von Mantrailerhunden geliefert. So ist in der Pressemitteilung zu lesen, dass zum einen individueller Geruch verfolgt und zum anderen die Abwesenheit des individuellen Geruchs erkannt wird.
Ein "DNA-Mantrailing" wird es in der polizeilichen Praxis nie geben, da beim Vorhandensein biologischen Vergleichsmaterials (zum Beispiel Schweiß, Speichel, Blut etc.) stets diese Proben als Vergleichsgeruch eingesetzt werden – und nicht die aufwändig daraus extrahierte DNA.
Die in der Studie ermittelten statistischen Kennzahlen wurden in einzelnen Medienberichten unrichtig als "Erfolgsquote" übersetzt. Die Erfolgsquote der Hunde im Sinne des Feststellens, sicheren Unterscheidens und Verfolgens einer fünf Minuten alten menschlichen Geruchsspur lag bei 82 Prozent für die Polizeihunde und 65 Prozent für die Rettungshunde.
Projekt Mantrailing - Riechen Hunde DNA? (Pressemitteilung aus dem Januar 2018)
Ein Forschungsprojekt der Universität Leipzig geht der Frage nach, wie zuverlässig sogenannte Mantrailer-Hunde die individuelle Geruchsspur eines Menschen unter realen polizeilichen Einsatzbedingungen verfolgen können. Nun liegen aktuelle Forschungsergebnisse des Mantrailing-Projekts des Instituts für Rechtsmedizin und der Hochschule der Sächsischen Polizei (FH) vor. Ergebnis: es konnte weltweit erstmalig nachgewiesen werden, dass neben Speichel auch isolierte DNA aus Blut als Schlüsselreiz für die Aufnahme einer Geruchsspur durch Hunde geeignet ist.
Beim Mantrailing suchen speziell ausgebildete Polizeihunde mittels einer einmaligen Geruchsspur genau nach dem Menschen, zu dem diese passt. In der nun vorliegenden Studie haben die Hunde diese Aufgabe mit Bravour gemeistert. In insgesamt 675 Testläufen konnten die Polizeihunde die richtige Geruchsspur mit einer Spezifität von 0,97 und einer Sensitivität von 0,98 aufnehmen und verfolgen.
Zur Beschreibung der Verlässlichkeit der Ergebnisse wurde die aus der medizinischen Diagnostik bekannte sogenannte Testsensitivität und Testspezifität verwendet. Einzelne positive Ergebnisse, wenn der Hund also die richtige Geruchsspur aufnimmt, werden in der Summe aufgerechnet. Ergebnis der Testsensitivität: in 98 Prozent der Fälle wurde die Geruchsspur durch die Hunde erkannt. Von praktischer Relevanz ist daneben insbesondere die Testspezifität von 97 Prozent, wobei hier der Hund nur losgeht, wenn tatsächlich eine individuelle Spur vorhanden ist.
Die DNA haben die Forscher aus Blut gewonnen. "Insgesamt sieben Probanden wurden jeweils 100 Milliliter durch Venenpunktion entnommen und daraus die DNA isoliert", erklärt Dr. Carsten Babian vom Institut für Rechtsmedizin der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig. Danach wurden die DNA-Proben unter sterilen Bedingungen auf Schaumstoffronden aufgetropft und angetrocknet. Um den wesentlichen Einfluss der DNA als Schlüsselreiz für die Hunde zu überprüfen, wurden zusätzlich entsprechende Negativproben durchgeführt, in denen keine DNA vorhanden war.
Hintergrund der Forschung ist die rechtliche Verwertbarkeit der Spurensuche durch die Hunde durch die Justiz. Denn bislang wurde vielfach grundsätzlich in Frage gestellt, ob die Ergebnisse des Einsatzes von Mantrailing vor Gericht überhaupt einfließen können. Die Ergebnisse der Studie belegen nun, dass zum einen individueller Geruch verfolgt wird und zum anderen, dass die Abwesenheit des individuellen Geruchs erkannt wird. "Insgesamt ist der Geruchsbeweis als wertvolle Ergänzung der Ermittlungsergebnisse zu sehen", sagt Polizeidirektor Leif Woidtke von der Hochschule der Sächsischen Polizei (FH).
Das Institut für Rechtsmedizin der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig ist in allen Fällen von Gewalteinwirkungen (Verkehrsunfälle, Tötungen, häusliche Gewalt, Kindesmisshandlung) und äußeren Einflüssen (Strom, Hitze/Kälte, Wasser) zuständig. Allein im Jahr 2016 wurden über 700 Sektionen durchgeführt. Als wichtiger Ansprechpartner für Gerichte und Staatsanwaltschaften übernimmt das Institut auch die Aus- und Weiterbildung von Polizisten und Polizeischülern sowie von Ärzten anderer Fachrichtungen. Das Forschungsprojekt zum Mantrailing startete 2014.
Fachveröffentlichung:
Individual human scent as a forensic identifier using mantrailing, in Forensic Science International
doi: 10.1016/j.forsciint.2017.11.021