Leipzig. Ein sogenanntes Frontzahntrauma ist schwierig zu behandeln und kann Langzeitschäden als Folge mit sich ziehen. Eltern sportlich aktiver Kinder sollten daher einen Zahnschutz für ihre Sprösslinge in Betracht ziehen. Das rät Prof. Dr. Till Köhne, Direktor der Poliklinik für Kieferorthopädie am Universitätsklinikum Leipzig (UKL).
"Zahnfrakturen durch Sportunfälle sind ein ernstes Problem. Besonders wenn es Kinder und Jugendliche betrifft. Deren Frontzähne spielen ja auch eine wichtige psychologische Rolle. Beispielsweise haben Studien gezeigt, dass Kinder mit Frontzahnlücken aggressiver wirken und sogar schulisch als schwächer eingeschätzt werden. Deshalb empfehle ich einen individuellen Sportmundschutz", erklärt Prof. Köhne, Direktor der Poliklinik für Kieferorthopädie am Universitätsklinikum Leipzig (UKL). "Den braucht man sicher nicht für Sportarten wie Tennis, Kegeln oder Dart. Auf alle Fälle aber für Boxen, Hockey und Handball. Aber gerade beim Basketball kann der Ellenbogen des Gegenspielers üble Schäden anrichten. Und selbst Geräteturner sind vorm Absturz nicht gefeit. Deshalb: Prinzipiell bergen alle Sportarten, die mit Sturzgefahr, Körperkontakt und Schlägern verbunden sind, ein erhöhtes Verletzungsrisiko für Zähne und Kiefer."
Wie der Leipziger Kieferorthopäde erklärt, ist ein sogenanntes Frontzahntrauma schwierig zu behandeln. Problematisch seien dabei oft die Langzeitschäden: "Manchmal sind die Zähne nicht mehr zu retten. Und man kann in so jungem Alter noch kein Implantat setzte, da die Kiefer noch im Wachstum sind. Wenn es nicht möglich ist die Zähne mit einer Zahnspange zusammenzuschieben, müssen die Kinder oft viele Jahre eine Prothese tragen. Dass wünscht sich keine Mutter und kein Vater für sein Kind."
Heute völlig normal sind Helme für Radfahrer, Gelenkschützer für Inlineskater oder Schienbeinschützer für Fußballer. Damit sind jene Körperregionen geschützt, die bei der jeweiligen Sportart besonders gefährdet sind. Aber der Mund mit Zähnen, Zahnfleisch und Zunge bleibt bei den meisten sportlichen Aktivitäten völlig ohne Schutz. Dabei würden Studien belegen, dass rund ein Drittel der Verletzungen von Mund und Gesicht beim Sport passieren, so Prof. Köhne. "Ein Sportmundschutz kann nicht nur Zahnverletzungen reduzieren oder gar verhindern, sondern schützt den ganzen Kopf. Denn durch Dämpfung und Verteilung der einwirkenden Kraft treten Kiefer- und Kiefergelenkbrüche sowie Gehirnerschütterungen viel seltener auf."
Der Sportmundschutz wird heutzutage ohne Gebissabdruck angefertigt. "Dieser Abdruck war gerade für die kleineren Kinder nicht angenehm. Deshalb arbeiten wir mit einem 3D-Scan, so dass digital und abdruckfrei das Gebiss erfasst wird", so Prof. Köhne. "An einem ausgedruckten 3D-Modell kann dann ein exakt angepasster Mundschutz angefertigt werden. Unser Anspruch dabei ist: Der Sportmundschutz muss angenehm zu tragen sein, dabei aber fest sitzen, man muss damit reden können und er sollte auch nett aussehen." Ein derartiger individueller Schutz kostet etwa 150 Euro. In den meisten Fällen - die obere Zahnreihe steht meist vor der unteren - besteht er aus einer Schiene für den Oberkiefer, die aber auch den Unterkiefer schützt. Wenn die untere Zahnreihe vor der oberen steht, muss der Mundschutz im Unterkiefer eingegliedert werden. Das Material wird je nach Sportart ausgewählt. Die Farbe können sich die zukünftigen Träger aussuchen.
Eine Besonderheit ist die Versorgung für Träger fester Zahnspangen. "Diese Patienten brauchen erst recht einen Sportmundschutz", so Prof. Köhne. "Denn sie haben durch die Brackets, Bänder und Bögen ein höheres Risiko, zusätzlich zu Zahnverletzungen sogenannte Stanzverletzungen der Weichteile des Mundes zu erleiden. Beim Anfertigen des Zahnschutzes werden vom Fachexperten Aussparungen geplant, damit Platz für Zahnstellungsänderungen vorhanden ist. So kann auch für die Patienten mit festen Zahnspangen sowohl die nötige Schutzwirkung als auch ein komfortables Tragen gewährleistet werden." Das gleiche gelte übrigens auch für Kinder im Zahnwechsel. Auch hier sollte der Mundschutz so hergestellt werden, dass genügend Platz für die durchbrechenden Zähne gelassen werde: "So ein individuell hergestellter Mundschutz kann dann von den Kindern viele Jahre getragen werden."