Leipzig. Ist das Nervensystem gestört oder erkrankt und sprechen medikamentöse oder konventionelle Therapien nicht an, bietet die funktionelle Neurochirurgie Möglichkeiten, die Lebensqualität von Menschen mit chronischen Schmerzen langfristig zu verbessern. Dazu wird bei der Rückenmarksstimulation eine feine Elektrode in den Rückenmarkskanal eingeführt. Durch elektrische Stimulation gelingt es, die Symptome zu lindern.
Die Neurochirurgen:innen des Universitätsklinikums Leipzig (UKL) verwenden als erste in den östlichen Bundesländern die neueste Generation dieser sogenannten IPG – Implantable Pulse Generators. Sie sind kleiner, leichter, müssen seltener aufgeladen werden, auch MRT-Untersuchungen werden nun viel leichter möglich.
Uwe Dienst ist Lokführer aus Leipzig. Im März wird er 63 Jahre alt. Er liebt seinen Beruf, und er kann ihn weiterhin ausführen, auch dank des modernen Generators, der seine chronischen Rückenschmerzen so weit abmildert, dass er fast schmerzfrei wieder arbeiten kann. Er ist der erste Patient in Ostdeutschland, der das Gerät der allerneuesten Generation implantiert bekommen hat. Ein Bandscheibenvorfall 2015 mündete trotz medikamentöser Behandlung, Physiotherapie und Operation in einen chronifizierten, also einen dauerhaften Rückenschmerz.
Seit etlichen Jahren ist er nun Patient bei Prof. Dirk Winkler, stellvertretender Direktor der Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie des UKL. "Wir hatten unser Ziel der Schmerzarmut trotz Operation und vielfältiger Anwendungen nicht erreicht, wollten aber weiterhin möglichst eine Opiat-Abhängigkeit, verursacht durch eine Dauertherapie mit sehr starken Schmerzmedikamenten, vermeiden", sagte Prof. Winkler. "Das Prinzip der Rückenmarksstimulation ist bereits seit langem bekannt, der Strom blockiert die Schmerzweiterleitung oder öffnet - im Fall von Durchblutungsstörungen - Kapillaren. Die Technik hat sich zuletzt sehr stark weiterentwickelt." 2016 erhielt Uwe Dienst sein erstes Stimulationssystem, einschließlich eines ersten Stimulationsgenerators. Und weil ihn Prof Winkler als geeigneten Premierenpatienten ansah, erhielt er nun im Februar 2024 seinen mittlerweile vierten implantiert und profitiert von den technischen Weiterentwicklungen. Der "Eterna Generator" ist kleiner als Vorgängermodelle, der Tragekomfort und das kosmetische Ergebnis für die Patient:innen sind dadurch besser. MRT-Untersuchungen sind nun besser möglich, dies stellte bisher eine hohe Limitierung dar. Die Träger:innen nehmen selbst Einfluss auf die Therapie, weil sie mittels eines Steuergeräts verschiedene Stimulationsströme individuell einstellen und jederzeit anpassen können. Weiterer wichtiger Punkt: Der Generator muss nur noch wenige Male im Jahr aufgeladen werden.
Uwe Dienst registrierte die Vorteile des neuen Geräts von Anfang an: "Schon am ersten Tag nach der Implantierung bin ich besser aus dem Bett gekommen als zuvor", berichtete er Prof. Winkler. "Ich nehme auch nur noch selten Schmerzmittel", freute er sich. Das Stichwort nahm UKL-Neurochirurg Winkler auf und ergänzte: "Der Generator ersetzt natürlich auch eine Menge Medikamente und damit auch deren Nebenwirkungen."
Prof. Dirk Winkler: "Diese Möglichkeit der Schmerzreduktion sollte noch bekannter werden."
Das Universitätsklinikum Leipzig gilt im Osten Deutschlands als Zentrum für funktionelle Neurochirurgie und als erste Anlaufstelle für viele Patient:innen, die auf eine Linderung ihrer Schmerzen hoffen. Und doch betont Prof. Dirk Winkler: "Diese Möglichkeit der Schmerzreduktion beziehungsweise der Durchblutungssteigerung durch den Einsatz von Neuroimplantaten muss viel bekannter werden, um noch mehr Betroffenen helfen zu können."