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Erweitertes Neugeborenenscreening

Warum werden die Untersuchungen durchgeführt?

​Seltene angeborene Störungen des Stoffwechsels und der Organfunktion sollen rechtzeitig erkannt werden. Durch eine frühzeitige Behandlung - möglichst bald nach der Geburt - können die Folgen einer angeborenen Erkrankung dieser Kinder vermieden, bzw. abgemildert werden. Deshalb finden seit über 30 Jahren bei allen Neugeborenen entsprechende Blutuntersuchungen statt. Diese Untersuchungen wurden seitdem wesentlich verbessert; weitere behandelbare Krankheiten sind in die Untersuchung inzwischen eingeschlossen worden.

Wie ist der Ablauf?

​Im Laufe des zweiten bis dritten Lebenstages (36. - 72. Stunde nach der Geburt), jedoch spätestens zusammen mit der zweiten Vorsorgeuntersuchung Ihres Kindes, der U2, werden wenige Blutstropfen (aus der Vene oder Ferse) entnommen, auf die dafür vorgesehene Filterpapierkarte getropft und nach dem Trocknen sofort zu einem Screeninglabor geschickt. Dort werden die Proben unverzüglich mit speziellen, sehr empfindlichen Analysemethoden untersucht.

Auf welche Krankheiten wird untersucht?

Adrenogenitales Syndrom (AGS)
Häufigkeit 1:13.000
Störung der Bildung von Nebennierenhormonen. Kann zur falschen Geschlechtszuordnung bei Mädchen und zu lebensbedrohlichen Salzverlustkrisen führen. Behandlung durch Hormongabe.
Ahornsiruperkrankung
Häufigkeit 1:150.000
Störung im Abbau von Aminosäuren. Führt zu Bewusstseinsstörungen, Koma, Krampfanfällen, Entwicklungsverzögerungen. Therapie durch spezielle Diät.
Biotinidasemangel
Häufigkeit 1:22.000
Störung im Stoffwechsel des Vitamins Biotin. Führt zu Stoffwechselkrisen, Haut- und Haarveränderungen sowie zu geistiger Behinderung. Therapie durch Biotingabe.
Carnitinstoffwechseldefekte
Häufigkeit ca. 1:500.000
Defekt im Stoffwechsel der Fettsäuren: Stoffwechselkrisen, Koma, möglicher tödlicher Verlauf. Behandlung durch Spezialdiät.
Galaktosämie
Häufigkeit 1:70.000
Störung im Abbau von Milchzucker (Galaktose). Führt zu schweren Leber- und Nierenschädigungen, Todesfällen in den ersten Monaten, geistiger und körperlicher Behinderung. Therapie durch galaktosefreie Nahrung.
Glutarazidurie Typ I
Häufigkeit 1:132.000
Störung im Abbau von Aminosäuren. Nach zunächst unauffälliger Entwicklung kommt es zu schwerer neurologischer Krise mit Bewegungsstörung und Krampfanfällen. Therapie durch spezielle Diät.
Hypothyreose
Häufigkeit 1:3.500
Angeborene Unterfunktion der Schilddrüse. Nach mehreren Monaten zeigen sich Ernährungsprobleme, Minderwuchs, geistige Behinderung. Therapie durch Hormongabe.
Isovalerianazidämie
Häufigkeit 1:97.000
Störung im Aminosäureabbau. Kann zu frühzeitigem Erbrechen, Koma und geistiger Behinderung führen. Therapie durch spezielle Diät.
LCHAD-, VLCADMangel
Häufigkeit ca. 1:55.000
Defekt im Stoffwechsel von langkettigen Fettsäuren. Stoffwechselkrisen, Koma, Muskel- und Herzmuskelschwäche, möglicher tödlicher Verlauf. Behandlung durch Spezialdiät, Vermeiden von Hungerphasen.
Medium-Chain-Acyl- CoA-Dehydrogenase- (MCAD)-Mangel
Häufigkeit 1:10.000
Störung im Abbau von Fettsäuren. Frühzeitig oder nach Monaten auftretende Krise mit Unterzuckerung, Koma, plötzlicher Kindstod. Therapie durch Vermeidung von Hungerphasen und Carnitingabe.
Phenylketonurie
Häufigkeit 1:5.000
Störung im Abbau der Aminosäure Phenylalanin. Verursacht schwere geistige und motorische Störungen. Therapie durch spezielle Diät.
Schwere kombinierte Immundefekte(SCID)                                                    Häufigkeit 1:32.500​Völliges Fehlen der erworbenen Immunabwehr: Bereits im Säuglingsalter hohe Infektanfälligkeit gepaart mit Infektionskomplikationen. Strenge hygienische Vorsichtsmaßnahmen. Therapie mit Knochenmark- oder Stammzelltransplantation, Enzymersatztherapie. Verzicht auf Stillen, Lebendimpfungen oder Transfusion unbehandelter Blutprodukte. Unbehandelt versterben die meisten betroffenen Kinder innerhalb von ein bis zwei Jahren.
Tyrosinämie, Typ I                              Häufigkeit 1:135.000​Defekt im Abbau der Aminosäure Tyrosin. Führt zu schweren Leber- und Nierenschädigungen, möglicher tödlicher Verlauf. Therapie durch eine Kombination aus Medikamentengabe und Spezialdiät.
Sichelzellkrankheit                             
Häufigkeit 1:3.950​

Verformung der roten Blutzellen (Sichelzellen) führt zu Blutarmut, einer erhöhten Zähflüssigkeit des Blutes und einer schlechteren Sauerstoffversorgung der Organe. Langfristig Organschädigung. Akute Komplikationen u. a. Hirninfarkt, Nierenversagen,

Milzinfarkt, Blutvergiftung und Blutarmut. Behandlungsansatz umfasst Aufklärung und Anleitung zu Verhaltensmaßnahmen, Infektionsprophylaxe (z. B. Impfungen), Gabe von

Hydroxycarbamid, ggf. Transfusionen und ggf. als weiterer Behandlungsansatz die Stammzelltransplantation. Unbehandelt kann es etwa ab dem 3. Lebensmonat zu Symptomen kommen​.

Spinale Muskelatrophie(SMA)                            
Häufigkeit 1:6.000 bis 1:11.000​

Mangel eines bestimmten Proteins (survival motor neuron (SMN) Protein) führt zu einer zunehmenden Muskelschwäche mit rückläufiger Entwicklung der Motorik und Einschränkung der Lungenfunktion. Die Therapie erfolgt medikamentös und symptomatisch (physiotherapeutisch, rehabilitativ, orthopädisch, psychologisch). Die ersten Krankheitssymptome bei Kindern mit infantiler SMA (der häufigsten und schwersten Ausprägung) treten bis zum 6. Lebensmonat auf. Unbehandelt versterben diese Kinder innerhalb von 1 bis 2 Jahren​.

Hinweis: Nicht bei allen oben genannten Erkrankungen kann die rechtzeitige Behandlung Krankheitsfolgen vollständig verhindern. Eine umgehende Behandlung ermöglicht dem betroffenen Kind in den meisten Fällen eine normale Entwicklung.

In der Summe findet man bei ungefähr einem von 1.500 Neugeborenen eine angeborene Erkrankung. Da die betroffenen Kinder bei der Geburt noch völlig gesund erscheinen können, ist das Neugeborenenscreening wichtig, um die Kinder rechtzeitig vor schweren Erkrankungen und deren Folgen, z. B. Störungen der geistigen und körperlichen Entwicklung zu bewahren.

Wer erfährt das Testergebnis?

In jedem Falle erhält der Einsender der Blutprobe innerhalb weniger Tage einen schriftlichen Befund vom Screeningzentrum. In dringenden Fällen wird zusätzlich direkt mit den Eltern Kontakt aufgenommen. Geben Sie deshalb auf der Testkarte Ihre Telefonnummer und Ihre Anschrift an, unter der Sie in den ersten Tagen nach der Geburt erreichbar sein werden.

Früherkennung und Frühbehandlung für betroffene Neugeborene sind nur möglich, wenn alle Beteiligten - Eltern, Klinik bzw. Kinderarzt und Screeninglabor - ohne Zeitverlust zusammenarbeiten, damit die Untersuchungsergebnisse rechtzeitig erhoben und kontrolliert werden.

Was bedeutet das Testergebnis?

Das Ergebnis eines Screening-Tests ist noch keine ärztliche Diagnose. Mit dem Testergebnis können entweder die betreffenden untersuchten Störungen weitesgehend ausgeschlossen werden, oder eine weitere diagnostische Untersuchung bei Verdacht auf eine Erkrankung erforderlich machen, z.B. eine Wiederholung des Tests.

Eine Wiederholung eines Screeningtests kann aber auch notwendig sein, wenn zum Beispiel der Zeitpunkt der Blutentnahme nicht optimal war.

Können diese Krankheiten geheilt werden?

Alle genannten Stoffwechseldefekte und endokrinen Störungen sind angeboren und können deshalb nicht ursächlich geheilt werden. Jedoch können die Auswirkungen dieser angeborenen Störungen mit einer entsprechend frühzeitigen Behandlung vermieden oder zumindest vermindert werden. Die Behandlung besteht meist in einer Spezialdiät und / oder in der Einnahme von bestimmten Medikamenten.

Stoffwechselspezialisten stehen für die Beratung und Betreuung im Verdachts- und Krankheitsfall zur Verfügung.

Paul-List-Straße, 13/15
04103 Leipzig
Telefon:
0341 - 97 26274
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