Warum sind 30 Jahre Neugeborenenscreening in Sachsen ein Erfolg aus Ihrer Sicht?
Mit dem Neugeborenenscreening können Krankheiten, die gut behandelbar sind, im Neugeborenenalter frühzeitig erkannt und dann eben einer erfolgreichen Behandlung zugeführt werden. Die daran erkrankten Kinder können sich so gesund und normal entwickeln. Wenn das Neugeborenenscreening nicht existieren würde, wären viele der betroffenen Kinder lebenslang schwer krank, in ihrem Leben und der Teilhabe am öffentlichen Leben eingeschränkt.
Welche medizinischen Möglichkeiten eröffnen sich durch das Screening?
Frühe Erkennung von chronischen Erkrankungen, die ohne frühe Entdeckung schwerste Folgeschäden über das gesamt restliche Leben nach sich ziehen. Durch die erfolgreiche Frühdiagnostik ist damit eine frühe und rechtzeitige Behandlung, die Folgeschäden und Folgeerkrankungen verhindert, möglich. Das Neugeborenenscreening ist damit eine der größten Errungenschaften der präventiven Pädiatrie (vorbeugenden Kindermedizin).
Was bedeutet das Neugeborenenscreening für die präventive Behandlung von Neugeborenen und Kleinkinder?
Durch das Neugeborenenscreening und die frühe Entdeckung von angeborenen Erkrankungen können Behandlungen rechtzeitig und so früh angeboten und durchgeführt werden, dass sich die betroffenen Kinder völlig normal entwickeln können und keine Einschränkungen im täglichen Leben eingehen müsse.
Wie hat sich Ihre Arbeit durch das Neugeborenenscreening verändert?
In meiner beinahe 40-jährigen Tätigkeit als Kinderarzt war und ist das Neugeborenenscreening ein wichtiger Bestandteil der täglichen Arbeit. Gerade auch unsere Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin hier in Leipzig hat als einen wichtigen Schwerpunkt, neben der Behandlung von akuten Erkrankungsfällen, die Betreuung und Behandlung von Kindern mit chronischen Erkrankungen. Viele dieser Erkrankungen lassen sich heute durch das Neugeborenenscreening sehr frühzeitig erkennen und dann eben erfolgreich behandeln. Die Kinderheilkunde ist damit eines der medizinischen Fächer mit den größten Behandlungserfolgen und einer ungemein erfreulichen Zusammenarbeit zwischen betroffenen Kindern und Jugendlichen, ihren Familien und den Betreuungsteams.
Wie wird sich das Screening in der Zukunft weiterentwickeln?
Bereits jetzt kommen fast jährlich zusätzliche Erkrankungen, wie im letzten Jahr die angeborenen Immundefekte (Körperabwehrschwäche), zum Neugeborenenscreening hinzu. In der Zukunft werden sich sicher noch präzisere, umfassendere und schnellere Labormethoden für das Neugeborenenscreening entwickeln lassen: Insbesondere genetische Hochdurchsatzverfahren, d. h. Methoden, die eine große Zahl von Proben in sehr kurzer Zeit bearbeiten können, werden das Neugeborenenscreening noch ergänzen und revolutionieren. Damit ist die Früherkennung von wahrscheinlich Hunderten von angeborenen Erkrankungen und Störungen der kindlichen Gesundheit möglich. Es ist zu hoffen, dass neben der Diagnostik und Erkennung der Erkrankungen dann auch die Therapierbarkeit, d. h. die Behandlungsmöglichkeiten, schritthalten und ebenso erfolgreich sind, wie das bei den heute im Neugeborenenscreening erfassten Erkrankungen wie der Schilddrüsenunterfunktion, der Phenylketonurie, der Mukoviszidose und vielen anderen der Fall ist.