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Therapieoptionen der Refluxerkrankung

Medikamentöse Therapie

​Das medikamentöse Management (MM) der gastroösophagealen Refluxerkrankung mit Säureblockern (sog. PPI = ProtonenPumpen-Inhibitoren) stellt den ersten Schritt des Behandlungsalgorithmus dar. Eine volldosierte PPI-Therapie über 4 Wochen ist sowohl für Patienten mit NERD (= Non Erosive Reflux Disease) als auch für die weit überwiegende Mehrzahl der Patienten mit erosiver Ösophagitis ERD (= Erosive Reflux Disease) eine adäquate Therapie zur Symptomkontrolle und Heilung etwaiger Läsionen. PPI sind - bei unterschiedlichen Wirk-Kinetika - gut verträglich und weisen nur wenige Interaktionen mit anderen Medikamenten auf. Betrachtet man die hohe Einnahmeprävalenz von PPI, so sind die Gesamt-Nebenwirkungen als gering einzustufen. Unter den möglichen Nebenwirkungen auf PPI, welche den Therapieentscheid zur Operation begünstigen können, sind Infektionen mit Clostridium difficile, bakterielle Überbesiedlungen des Dünndarms, Pneumonien, Osteoporose / -penien (= Knochenschwund), akute interstitielle Nephritiden (= entzündliche Erkrankungen der Nieren) und Vitamin B12- bzw. Eisenmangelanämien zu nennen.

Endoskopische Therapieverfahren

​Die endoskopischen Therapieverfahren EndoCinch, STRETTA und ENTERYX spielen heutzutage aufgrund der unzureichenden Symptomverbesserung im Langzeitverlauf keine wesentliche klinische Rolle mehr. Der Erfolg neuerer endoluminaler Verfahren, wie dem SRS MEDIGUS-System, bleibt langfristig in prospektiv-randomisierten Studien im Vergleich zur medikamentösen bzw. chirurgischen Therapie unter Berücksichtigung von Nutzen, Risiko und Kosten der jeweiligen Prozeduren zu evaluieren. 

 

Chirurgische Antirefluxtherapie

​Neben der medikamentösen Therapie der gastroösophagealen Refluxerkrankung mit PPI stehen (I) bei gutem Ansprechen, jedoch Intoleranz der PPI sowie (II) bei Patienten mit persistierenden und beeinträchtigenden Refluxsymptomen, insbesondere Regurgitationen trotz PPI-Therapie, unter Abwägung des potentiellen Benefits der Operation vs. deren Nebeneffekte, die laparoskopische Antirefluxchirurgie zur Verfügung (vgl. Leitlinie der AGA = American Gastroenterologic Association und deutsche S2k-Refluxleitlinie). Unter den chirurgischen Therapieverfahren stellt die laparoskopische Fundoplikatio (LF) mit entsprechenden Varianten der Manschettenformation (360 Grad nach Nissen, nach Nissen-Rossetti, 270 Grad posterior nach Toupet, 180 Grad anterior nach Dor bzw. Thal / Watson) den Standard dar.

​Laparoskopische Fundoplikatio (LF)

Zusammenfassend kann die Antirefluxchirurgie für die erosive Ösophagitis in Betracht gezogen werden, die nicht auf das MM anspricht, bei Volumen-Reflux (insbesondere nächtlichen Regurgitationen mit Aspirationsgefahr) sowie bei Patienten, bei denen zwar eine lebenslange Antirefluxtherapie erforderlich ist, die jedoch schwerere Nebenwirkungen auf die PPI-Therapie haben. Bei kleineren Hiatushernien (bis ca. 3 cm Durchmesser) konnte in der letzten Zeit die Anwendung des laparoskopisch applizierbaren LINX®-Sytems, bei dem ein Magnetband um den insuffizienten unseren Ösophagussphinkter eingebracht wird, gute Erfolge aufweisen.

​Das LINX®-System: minimal-invasive OP bei Hiatushernien < 3 cm Durchmesser

Dieses Verfahren scheint somit die „Versorgungs-Lücke" zwischen MM, endoskopisch-endoluminalen Therapieverfahren und der LF zu schließen. Vergleichende prospektive Studien existieren allerdings nicht, da unterschiedliche Indikationen zugrunde liegen (bei der Fundoplikatio in aller Regel größere Hiatushernien). Insbesondere aber bei fehlendem Ansprechen auf die medikamentöse Therapie ist die Indikation zur Operation besonders kritisch abzuwägen. In diesen Situationen sind - neben einem besonders refraktären Verlauf - die nicht-erosive Refluxerkrankung (NERD), der säure-hypersensitiver Ösophagus oder funktionelles Sodbrennen differentialdiagnostisch in Betracht zu ziehen. Eine Operation bei diesen Diagnosen kann schwerwiegende Funktionsstörungen zur Folge haben.

Die erweiterte ösophageale Funktionsdiagnostik mittels Langzeit-pH-Metrie sowie High Resolution-Impedanz-Manometrie, neben der Endoskopie, liefert hier - in Kombination mit dem Symptomenscore - wertvolle Informationen zur Differentialdiagnostik und OP-Notwendigkeit.

  • ​Langzeit-pH-Metrie
  • ​High Resolution-Impedanz-Manometrie

Insbesondere Patienten mit großer paraösophagealer Hiatushernie oder (partiellem) Thoraxmagen weisen sehr häufig eine simultan vorliegende Motilitätsstörung der tubulären Speiseröhre auf, so dass wir hier eine High Resolution-Impedanz-Manometrie für essentiell - mit Blick auf das anzuwendende OP-Verfahren - erachten. 

Zudem führen wir bei großer Hiatushernie und Thoraxmagen eine Röntgen-Breischluckuntersuchung durch, da neben der möglichen Funktionsstörung des Ösophagus auch das Ausmaß der intrathorakalen Lage des Magens vor OP für die weitere Planung des chirurgischen Vorgehens von Bedeutung ist.

​Röntgen-Breischluck bei Thoraxmagen vor OP
Quelle: Klinik und Poliklinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Universitätsklinikum Leipzig

Fraglich ist - gemäß aktueller Literatur - ob auch Patienten mit extraintestinalen Refluxmanifestationen (z.B. pulmonalen Symptomen (chronischem, Reflux-assoziiertem Asthma) oder pharyngo-laryngealem Reflux mit chronischer Stimmbandentzündung) von einer laparoskopischen Antirefluxoperation profitieren bzw. ob die Operation die Progression vom Barrett-Ösophagus zum -Karzinom verhindern kann. Eine aktuelle Metaanalyse konnte zeigen, dass die Antirefluxchirurgie bei Patienten mit Barrett-Ösophagus möglicherweise das Adenokarzinom besser verhindert als die medikamentöse Therapie. Allerdings lässt sich das Karzinomrisiko nach Antirefluxchirurgie nicht auf das Niveau der Normalbevölkerung zurücksenken.

Unser „Leipziger Konzept" der Antirefluxchirurgie

Welche Technik bzw. welches OP-Verfahren bei welchem Patienten?

Bei der Frage nach der „idealen" OP-Technik stellen sich prinzipiell die 3 Haupt-Fragen:

  1. Ist ein Hiatusverschluss mit oder ohne Netzaugmentation (Implantation eines Kunststoffnetzes zur Verstärkung der Zwerchfellschenkel) erforderlich?
  2. Welche Manschettenform ist optimal (360 Grad Nissen, 360 Grad „Floppy Nissen" oder 270 Grad Toupet)?
  3. Ist eine Durchtrennung der Vasa gastricae breves (Verbindungsgefäße zwischen Magenfundus und Milz) zum Erreichen einer spannungsfreien Manschette notwendig?

Um langfristig ein optimales OP-Ergebnis zu erzielen, ist ein „maßgeschneidertes" Vorgehen notwendig, welches im Vorfeld der OP einer differenzierten Abklärung und Diagnostik bzw. Differentialdiagnostik bedarf. Hier spielt die Funktionstestung der Speiseröhre mittels High Resolution-Impedanz-Manometrie eine für die Indikation sowie das spezifische Vorgehen entscheidende Rolle. Neben der exakten Ausmessung der Größe der Hiatushernie erlangen wir zudem Rückschlüsse auf eine mögliche Motilitätsstörung bzw. Dysmotilität des Ösophagus. Nur diese umfangreiche Fein-Diagnostik erlaubt ein gezieltes wie individuelles Vorgehen und kann spätere Komplikationen im Sinne einer Manschettenfehlfunktion vermeiden.

Unsere Therapieempfehlung

  • ​Hiatushernie < 3 cm2: minimal-invasive LINX®-Implantation.
  • ​Hiatushernie > 3 cm Durchmesser, unauffällige Motilität der tubulären Speiseröhre: laparoskopische Hiatusplastik (= Verschluss des Zwerchfellbruchs ohne Kunststoffnetz, wenn die Zwerchfellschenkel spannungsfrei zu adaptieren sind) und partielle dorsale Fundoplikatio 270 Grad nach Toupet = Standard (da weniger Schluckbeschwerden postoperativ nach Toupet im Vergleich zur Nissen-Fundoplikatio, bei gleicher Refluxkontrolle).

    Dabei werden immer die Vasa gastricae breves (wie auch bei allen anderen Formen der Fundoplikatio) durchtrennt, um eine lockere und spannungsfreie Fundusmanschette zu garantieren.
  • große paraösophageale oder gemischte (axiale und paraösophageale Hiatushernie) sowie (partieller) Thoraxmagen: Die Anwendung eines Kunststoffnetzes zur Verstärkung der Zwerchfellnähte hängt einerseits von der Größe der Hiatushernie sowie deren Beschaffenheit (= Festigkeit bzw. Qualität des Gewebes) ab.
  • Hiatushernie < 4cm2: bedarf normalerweise keiner Verstärkung durch ein Kunststoffnetz. Hier reichen einfache Nähte. Wir verwenden nicht-resorbierbares Nahtmaterial als Zwerchfellnähte (Seide, Stärke 0).
  • Hiatushernie mit einem Durchmesser von 4cm2 - 8cm2 und kräftigen Zwerchfellschenkeln (gute Gewebequalität): Empfehlung der Implantation eines Polypropylennetzes zusätzlich zu den nicht-resorbierbaren Zwerchfellnähten.
  • Hiatushernie mit einem Durchmesser von 4cm2 - 8cm2 und schwachen Zwerchfellschenkeln (schlechte Gewebequalität): Empfehlung der Implantation eines Parietex-Netzes (V-förmig) zusätzlich zu den nicht-resorbierbaren Zwerchfellnähten.
  • Hiatushernie mit einem Durchmesser von > 8cm2: Empfehlung der Implantation eines Parietex-Netzes (zirkulär um den Zwerchfellhiatus) zusätzlich zu den nicht-resorbierbaren Zwerchfellnähten.
  • Vorliegen eines „Short Esophagus" (= ausgeprägte Verkürzung der Speiseröhre, oftmals bei großer Hiatushernie; ösophago-gastraler Übergang kommt in der Regel deutlich oberhalb der Zwerchfellebene zu liegen): Collis-Nissen-Gastroplastik („Verlängerung" der Speiseröhre, indem der Magenfundus parallel zum Ösophagus mit einem linearen Stapler inzidiert und somit abgetrennt wird, in Kombination mit einer Nissen-Manschette (ggf. auch mit einer Toupet-Manschette)).

Behandlungs- und Lebensqualität

Behandlungs- und Lebensqualität von medikamentöser Therapie vs. laparoskopischer Fundoplikatio im Vergleich

Der prospektiv-randomisierte LOTUS Trial (Laparoscopic Antireflux Surgery vs. Esomeprazole Treatment for Chronic GERD) konnte - bei primärem Endpunkt „Zeit zum Therapieversagen" - keinen signifikanten Unterschied zwischen beiden Gruppen nachweisen (Log rank-Test: P = 0,48). Der unerwünschte Nebeneffekt der „Dysphagie" war sogar in der chirurgisch behandelten Kohorte im früh-postoperativen Verlauf signifikant höher als im medikamentösen Therapiearm (P < 0,001). Vergleicht man jedoch die Lebensqualität (z.B. erhoben im SF (= Short Form)- 36 Fragebogen) bei Patienten mit Antirefluxoperation gegenüber der säureblockierenden Medikation, so fand sich in einem Cochrane Review ein eindeutiger Benefit zugunsten des chirurgischen Vorgehens (P < 0,00001). Zudem konnte ein systematisches Review mit Metaanalyse (11 Publikationen, 7 Studien) sowohl bessere Ergebnisse für Sodbrennen und Regurgitationen als auch eine signifikant höhere Zufriedenheit nach Fundoplikatio, verglichen mit der medikamentösen Therapie, belegen.

Die Metaanalyse der Lebensqualitäts-Aspekte favorisierte eindeutig das chirurgische Vorgehen mittels Fundoplikatio - und zwar hinsichtlich der gesundheitsbezogenen UND der GERD-bezogenen Lebensqualität. Auch im REFLUX Trial, einer prospektiv-randomisierten Studie mit 810 Patienten, welche über 5 Jahre die LF mit der PPI-Therapie verglich (mit jährlichen Lebensqualitäts-Fragebögen sowie Dokumentation der Nebenwirkungen und Komplikationen der jeweiligen Therapieoption), konnte ein signifikanter Vorteil zugunsten des chirurgischen Vorgehens nachgewiesen werden (P < 0,001). Dieser Vorteil ergab sich nicht nur für die beiden randomisierten Gruppen, sondern auch für den Vergleich der individuellen Präferenzen für das jeweilige Therapieverfahren („preferred surgery" vs. „preferred medication"). 

Spezialsprechstunde „Oberer Gastrointestinaltrakt"

​Informationen zu unserer Spezialsprechstunde „Oberer Gastrointestinaltrakt" bei Frau Prof. Dr. Ines Gockel finden Sie hier.

Es ist lediglich eine Überweisung vom Hausarzt bzw. behandelndem Facharzt erforderlich. Wir sind Ihnen dankbar, wenn Sie sämtliche Vorbefunde (z.B. Endoskopieberichte, Röntgen- und CT-Untersuchungen auf einer CDrom) zur Sprechstunde mitbringen.

Gerne können Sie sich auch bereits im Vorfeld unseren Fragebogen (PDF)herunterladen und ausgefüllt mitbringen.

Liebigstraße 20, Haus 4
04103 Leipzig
Telefon:
0341 - 97 17200
Fax:
0341 - 97 17209
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