Neben der medikamentösen Therapie der gastroösophagealen Refluxerkrankung mit
PPI stehen (I) bei gutem Ansprechen, jedoch Intoleranz der PPI sowie (II) bei
Patienten mit persistierenden und beeinträchtigenden Refluxsymptomen,
insbesondere Regurgitationen trotz PPI-Therapie, unter Abwägung des potentiellen
Benefits der Operation vs. deren Nebeneffekte, die laparoskopische
Antirefluxchirurgie zur Verfügung (vgl. Leitlinie der AGA = American
Gastroenterologic Association und deutsche S2k-Refluxleitlinie).
Unter den chirurgischen Therapieverfahren stellt die laparoskopische
Fundoplikatio (LF) mit entsprechenden Varianten der Manschettenformation (360
Grad nach Nissen, nach Nissen-Rossetti, 270 Grad posterior nach Toupet, 180 Grad
anterior nach Dor bzw. Thal / Watson) den Standard dar.
Laparoskopische Fundoplikatio (LF) | |
Zusammenfassend kann die Antirefluxchirurgie für die erosive Ösophagitis in
Betracht gezogen werden, die nicht auf das MM anspricht, bei Volumen-Reflux
(insbesondere nächtlichen Regurgitationen mit Aspirationsgefahr) sowie bei
Patienten, bei denen zwar eine lebenslange Antirefluxtherapie erforderlich ist,
die jedoch schwerere Nebenwirkungen auf die PPI-Therapie haben. Bei
kleineren Hiatushernien (bis ca. 3 cm Durchmesser) konnte in der letzten Zeit
die Anwendung des laparoskopisch applizierbaren LINX®-Sytems, bei dem
ein Magnetband um den insuffizienten unseren Ösophagussphinkter eingebracht
wird, gute Erfolge aufweisen.
Das LINX®-System: minimal-invasive OP bei Hiatushernien < 3 cm Durchmesser | |
Dieses Verfahren scheint somit die „Versorgungs-Lücke" zwischen MM,
endoskopisch-endoluminalen Therapieverfahren und der LF zu schließen.
Vergleichende prospektive Studien existieren allerdings nicht, da
unterschiedliche Indikationen zugrunde liegen (bei der Fundoplikatio in aller
Regel größere Hiatushernien). Insbesondere aber bei fehlendem Ansprechen auf die
medikamentöse Therapie ist die Indikation zur Operation besonders kritisch
abzuwägen. In diesen Situationen sind - neben einem besonders refraktären
Verlauf - die nicht-erosive Refluxerkrankung (NERD), der säure-hypersensitiver
Ösophagus oder funktionelles Sodbrennen differentialdiagnostisch in Betracht zu
ziehen. Eine Operation bei diesen Diagnosen kann schwerwiegende
Funktionsstörungen zur Folge haben.
Die erweiterte ösophageale Funktionsdiagnostik mittels Langzeit-pH-Metrie sowie High Resolution-Impedanz-Manometrie, neben der Endoskopie, liefert hier - in Kombination mit dem Symptomenscore - wertvolle Informationen zur Differentialdiagnostik und OP-Notwendigkeit.
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- High Resolution-Impedanz-Manometrie
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Insbesondere Patienten mit großer paraösophagealer Hiatushernie oder
(partiellem) Thoraxmagen weisen sehr häufig eine simultan vorliegende
Motilitätsstörung der tubulären Speiseröhre auf, so dass wir hier eine
High Resolution-Impedanz-Manometrie für essentiell - mit Blick auf
das anzuwendende OP-Verfahren - erachten.
Zudem führen wir bei großer Hiatushernie und
Thoraxmagen eine Röntgen-Breischluckuntersuchung durch, da neben der möglichen
Funktionsstörung des Ösophagus auch das Ausmaß der intrathorakalen Lage des
Magens vor OP für die weitere Planung des chirurgischen Vorgehens von Bedeutung
ist.
Röntgen-Breischluck bei Thoraxmagen vor OP Quelle: Klinik und Poliklinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Universitätsklinikum Leipzig | |
Fraglich ist - gemäß aktueller Literatur - ob
auch Patienten mit extraintestinalen Refluxmanifestationen (z.B. pulmonalen
Symptomen (chronischem, Reflux-assoziiertem Asthma) oder pharyngo-laryngealem
Reflux mit chronischer Stimmbandentzündung) von einer laparoskopischen
Antirefluxoperation profitieren bzw. ob die Operation die Progression vom
Barrett-Ösophagus zum -Karzinom verhindern kann. Eine aktuelle Metaanalyse
konnte zeigen, dass die Antirefluxchirurgie bei Patienten mit Barrett-Ösophagus
möglicherweise das Adenokarzinom besser verhindert als die medikamentöse
Therapie. Allerdings lässt sich das Karzinomrisiko nach Antirefluxchirurgie
nicht auf das Niveau der Normalbevölkerung zurücksenken.
Unser „Leipziger Konzept" der Antirefluxchirurgie
Welche Technik bzw. welches OP-Verfahren bei welchem Patienten?
Bei der Frage nach der „idealen" OP-Technik stellen sich prinzipiell die 3 Haupt-Fragen:
- Ist ein Hiatusverschluss mit oder ohne Netzaugmentation (Implantation eines Kunststoffnetzes zur Verstärkung der Zwerchfellschenkel) erforderlich?
- Welche Manschettenform ist optimal (360 Grad Nissen, 360 Grad „Floppy Nissen" oder 270 Grad Toupet)?
- Ist eine Durchtrennung der Vasa gastricae breves (Verbindungsgefäße zwischen Magenfundus und Milz) zum Erreichen einer spannungsfreien Manschette notwendig?
Um langfristig ein optimales OP-Ergebnis zu erzielen, ist ein „maßgeschneidertes" Vorgehen notwendig, welches im Vorfeld der OP einer differenzierten Abklärung und Diagnostik bzw. Differentialdiagnostik bedarf. Hier spielt die Funktionstestung der Speiseröhre mittels High Resolution-Impedanz-Manometrie eine für die Indikation sowie das spezifische Vorgehen entscheidende Rolle. Neben der exakten Ausmessung der Größe der Hiatushernie erlangen wir zudem Rückschlüsse auf eine mögliche Motilitätsstörung bzw. Dysmotilität des Ösophagus. Nur diese umfangreiche Fein-Diagnostik erlaubt ein gezieltes wie individuelles Vorgehen und kann spätere Komplikationen im Sinne einer Manschettenfehlfunktion vermeiden.