@ktiv-Studie – Entwicklung und Evaluation eines verhaltenstherapeutischen Online-Selbstmanagementprogramms (moodgym)
Das Online -Programm moodgym
Das Wort moodgym bedeutet in etwa „Fitness für die Stimmung". Es ist ein kostenfreies computergestütztes, interaktives und leicht verständliches Trainingsprogramm zur Vorbeugung und Verringerung von depressiven Symptomen. Moodgym wurde vor mehr als 20 Jahren von Wissenschaftler:innen der Australian National University (ANU) entwickelt. Im Bereich der internetbasierten Selbstmanagementprogramme gehört moodgym international zu den bekanntesten und am meisten evaluierten Programmen.
Das Online-Programm wurde bereits in mehrere Sprachen übersetzt. Unser Forschungsteam von der Universität Leipzig hat 2013 die deutsche Sprachversion von moodgym erstellt und im Rahmen der @ktiv-Studie im Hinblick auf seine Wirksamkeit untersucht.
Das Online-Programm moodgym steht seit dem Studienende kostenfrei zur Verfügung. Die kostenfreie Nutzung wird aktuell ermöglicht von der AOK, unabhängig von der Krankenkassenzugehörigkeit. Die Fortentwicklung und Bereitstellung von moodgym liegt in den Händen von e-hub Health – einem Spin-off-Unternehmen der Australian National University (ANU), das von Mitgliedern des Australischen Entwicklungsteams von moodgym geleitet wird.
Das Programm gehörte zudem laut Stiftung Warentest (Ausgabe 07/2019) zu den 4 Programmen, die das Prädikat „empfehlenswert" erhielten. Moodgym besteht aus fünf Programmbausteinen, die spielerisch Wissen vermitteln und auf verhaltenstherapeutischen Techniken beruhen. Interaktive Übungen helfen dabei, negative Gedankenmuster zu erkennen und durch neue zu ersetzen. Wertvolle Tipps und Anregungen helfen im Umgang mit Problemsituationen und Stress. Beispielpersonen leiten dabei interaktiv durch das Programm. Personen können moodgym zeitlich flexibel nutzen und selbst aktiv werden, indem sie an Übungen mitwirken, Fragen beantworten oder Entspannungsübungen ausprobieren.
Die @ktiv-Studie
In dieser Studie wurde moodgym erstmalig im deutschen Hausarztsetting evaluiert werden. Dabei wurde geprüft, wie sich das Programm als „Add-on" zur hausärztlichen Standardversorgung hinsichtlich der Behandlungseffekte von einer ausschließlichen hausärztlichen Versorgung unterscheidet.
Die Studie weist ein clusterrandomisiertes kontrolliertes Design auf. Das bedeutet, es wurden praktizierende Hausärzt:innen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen kontaktiert. Teilnehmende Praxen wurden zufällig der Interventionsgruppe oder Kontrollgruppe zugewiesen. Anschließend wurden die Ärzt:innen gebeten, Studienteilnehmende mit leichter und mittelschwerer depressiver Symptomatik zu rekrutieren. Es nahmen insgesamt N = 647 Personen an der @ktiv-Studie teil, die in 112 Hausarztpraxen aus Mitteldeutschland rekrutiert wurden. Eine Kontrollgruppe erhielt die hausärztliche Behandlung wie gewohnt, während Patient:innen der Interventionsgruppe neben ihrer Standardbehandlung zusätzlich einen Zugang zu moodgym erhielten.
Studiendesign der @ktiv-Studie
Alle Studienteilnehmenden wurden zu drei Zeitpunkten schriftlich mittels Fragebogen befragt. Die erste Befragung fand statt, bevor Teilnehmende der Interventionsgruppe einen Zugang zu moodgym erhielten. Darauf folgte eine zweite Befragung nach 6 Wochen und eine dritte Befragung nach 6 Monaten. Es zeigte sich in der Interventionsgruppe ein signifikant stärkerer Rückgang der depressiven Symptomatik im Vergleich zur Kontrollgruppe. Ebenso zeigte sich eine signifikant stärkere Verbesserung des Selbstwirksamkeitserlebens sowie der gesundheitsbezogenen Lebensqualität. Sowohl jüngere als auch ältere Studienteilnehmende profitierten von moodgym. Auch wurde die Aufnahme von Aktivitäten und die dabei erlebte Freude durch das Online-Programm verbessert. Teilnehmende, die moodgym häufiger nutzten und mehr Programm-Bausteine durchliefen, profitierten an meisten.
Die Ergebnisse zeigen, dass das moodgym gut für den Einsatz in der hausärztlichen Versorgung geeignet ist, um leichtere bis mittlere depressive Symptomatik zu verringern. Damit kann Patientinnen und Patienten ein niedrigschwelliges zusätzliches Hilfsangebot gemacht werden.
Wie kann ich teilnehmen?
Die @ktiv-Studie ist bereits beendet. Eine Teilnahme ist daher nicht mehr möglich. Das Online-Programm moodgym steht jedoch seit dem Studienende kostenfrei zur Verfügung. Am Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) werden jedoch weiterhin Studien zu E-Mental-Health-Programmen durchgeführt. Informationen zu aktuellen Studien finden Sie auf unserer Webseite.
Gesamtprojektleitung:
Prof. Steffi G. Riedel-Heller, MPH
Ansprechpartnerin:
PD Dr. Margrit Löbner
Margrit.Loebner@medizin.uni-leipzig.de
Förderung:
Das Projekt wurde durch den AOK Bundesverband sowie durch die Medizinische Fakultät der Universität Leipzig gefördert.
Kooperationspartner:
Die Studie wurde durchgeführt in Kooperation mit Prof. Dr. Kathleen Griffiths (National Institute for Mental Health Research, Australian National University, Canberra, Australia) und Dr. Kylie Bennett (ehub Health, Canberra, Australia).
Weitere Kooperationspartner waren die Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Universitätsklinikums Leipzig (Prof. Dr. Anette Kersting), sowie das Institut für Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (Prof. Dr. Hans-Helmut König).
Fachveröffentlichung (ISAP, Universität Leipzig):
- Löbner M, Pabst A, Stein J, Dorow M, Matschinger H, Luppa M, Maroß A, Kersting A, König HH, Riedel-Heller SG. Computerized cognitive behavior therapy for patients with mild to moderately severe depression in primary care: A pragmatic cluster randomized controlled trial (@ktiv). J Affect Disord. 2018 Oct 1;238:317-326. doi: 10.1016/j.jad.2018.06.008. Epub 2018 Jun 5. PMID: 29902736.
- Pabst A, Löbner M, Stein J, Luppa M, Kersting A, König HH, Riedel-Heller SG. Internet-Based Cognitive Behavior Therapy Only for the Young? A Secondary Analysis of a Randomized Controlled Trial of Depression Treatment. Front Psychiatry. 2020 Jul 24;11:735. doi: 10.3389/fpsyt.2020.00735. PMID: 32848915; PMCID: PMC7396625.
- Weitzel EC, Pabst A, Luppa M, Kersting A, König HH, Löbner M, Riedel-Heller SG. Are self-managed online interventions for depression effective in improving behavioral activation? A secondary analysis of a cluster-randomized controlled trial. J Affect Disord. 2022 Jul 1;308:413-420. doi: 0.1016/j.jad.2022.04.090. Epub 2022 Apr 20. PMID: 35460734.
- Löbner M, Dorow M, Pabst A, Stein J, Kersting A, Luppa M, König HH, Riedel-Heller S. Online-Selbstmanagement bei Depressionen – Die Beziehung von Dosis und Wirksamkeit im hausärztlichen Versorgungssetting. Fortschr Neurol Psychiatr. 2019 Mar; 87(3): 181-186. doi: 10.1055/a-0849-9802.
- Löbner M, Stein J, Luppa M, Bleckwenn M, Mehnert-Theuerkauf A, Riedel-Heller SG. What Comes after the Trial? An Observational Study of the Real-World Uptake of an E-Mental Health Intervention by General Practitioners to Reduce Depressive Symptoms in Their Patients. Int J Environ Res Public Health. 2022 May 19;19(10):6203. doi: 10.3390/ijerph19106203. PMID: 35627739; PMCID: PMC9142114.
- Dorow M, Löbner M, Pabst A, Stein J, Riedel-Heller SG. Preferences for Depression Treatment Including Internet-Based Interventions: Results From a Large Sample of Primary Care Patients. Front Psychiatry. 2018 May 17;9:181. doi: 10.3389/fpsyt.2018.00181. PMID: 29867605; PMCID: PMC5966543.
- Dorow M, Stein J, Förster F, Löbner M, Franz M, Günther R, Schröder R, Sommer D, Möller D, Dekoj MC, Becker T, Riedel-Heller SG. Der komplementäre Einsatz des internetbasierten Selbstmanagementprogramms „moodgym" bei Menschen mit depressiven Erkrankungen in der stationären Versorgung – die Perspektive von Patienten und Behandlern. Psychiatr Prax. 2018 Jul;45(5):256-262. German. doi: 10.1055/s-0043-117049. Epub 2017 Aug 29. PMID: 28851000.
- Löbner M, Stein J, Rost T, Förster F, Dorow M, Keller J, Weidauer E, Riedel-Heller SG. Innovative E-Health-Ansätze für komorbide Depressionen bei Patienten mit Adipositas: Nutzungsakzeptanz aus Patienten- und Expertenperspektive [Innovative E-Health Approaches for Comorbid Depression in Patients with Obesity: Patient and Expert Perspectives on User Acceptance]. Psychiatr Prax. 2017 Jul;44(5):286-295. German. doi: 10.1055/s-0043-107471. Epub 2017 Apr 12. PMID: 28403502.