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Mastdarmkrebs (Rektumkarzinom)

Operationsverfahren

​​Die Behandlung des Rektumkarzinoms hat sich in den letzten beiden Dekaden grundlegend geändert. Sehr kleine Tumoren des Mastdarms (T1-Tumoren = begrenzt auf die Schleimhaut bei gleichzeitigem Fehlen von Lymphknotenmetastasen (N0), gutem histologischem Differenzierungsgrad (Grading 1 - 2), maximaler Größe von 3 cm Durchmesser und geringem Risiko einer lymphogenen Metastasierung) behandeln wir mit dem lokal limitierten Verfahren der TEM (= Transanale Endoskopische Mikrochirurgie). Hierbei wird mit Hilfe eines speziellen OP-Instrumentariums (OP-Rektoskop) minimal-invasiv durch den Analkanal der Tumor durch Vollwandresektion der Mastdarmwand von innen reseziert und anschließend histologisch exakt aufgearbeitet. Dieses Verfahren ist wenigen selektionierten Indikationen vorbehalten und eine exakte präoperative lokale und Umfeld-Diagnostik ist essentiell.

Durch die Etablierung der Totalen Mesorektalen Exzision (TME), die - analog zur CME (Chirurgische Therapie - Dickdarmkrebs) - eine komplette Resektion der das Rektum umgebenden Hüllschicht mitsamt mesorektaler Faszie („The holy plane") beinhaltet (sog. Mesorektum), konnte die Lokalrezidivrate (= Wiederkehren des Tumors „vor Ort") deutlich gesenkt werden.

Diese lag vor Einführung der TME und moderner multimodaler onkologischer Therapiekonzepte, welche die Strahlen- und Chemotherapie umfassen, noch bei > 20 Prozent. Mit Einführung der TME als Goldstandard der chirurgischen Resektion des Rektumkarzinoms konnte die Rezidivrate deutlich gesenkt werden und liegt in neueren Literaturangaben zwischen 5 Prozent und 10 Prozent. Grundlage der TME ist die Schonung der Hüllfaszie des Rektums (sog. mesorektale Faszie, The „holy plane"), die das perirektale Fettgewebe umgibt. Dadurch kann die Gefahr der Verschleppung von Tumorzellen deutlich gesenkt werden. Eine exakte Diagnostik ist eine unverzichtbare Voraussetzung für eine erfolgreiche Operation. Somit beinhaltet das prätherapeutische Staging (Umfelddiagnostik) beim Rektumkarzinom immer - neben der Endoskopie, der starren Rektoskopie zur exakten Höhenlokalisation des Tumors und der Endosonographie sowie einer CT-Diagnostik von Thorax, Abdomen und Becken - eine Kernspinuntersuchung des Beckens (MRT), da hierbei am besten der Abstand des Tumors zur mesorektalen Faszie bzw. zum CRM (= Circumferential Resektion Margin), dem zirkumferentiellen Resektionsrand, beurteilt werden kann.

Der mittels MRT bestimmte CRM wird derzeit in Studien evaluiert hinsichtlich seiner Wertigkeit als Kriterium für die differenzierte Selektion von Patienten für Konzepte der neoadjuvanten Therapie bzw. deren potentiellen Verzichts.

Bei exakter Präparation entlang der mesorektalen Faszie ist zudem eine bessere Schonung der um diese Hüllschicht liegenden Nervengeflechte möglich, wodurch weniger funktionelle Störungen nach der OP, insbesondere Blasen- und Sexualstörungen sowie eine Inkontinenz, auftreten. Diese autonomen Beckennerven liegen außerhalb des Mesorektums und werden bei korrekter Technik mit Mesorektumexzision (= TME) geschont.
Zur optimierten Darstellung und Schonung der Beckennerven verwenden wir im Universitätsklinikum Leipzig das pelvine intraoperative Neuromonitoring (= pIONM).

Hierbei werden durch intraoperative Sonden, welche auch minimal-invasiv einsetzbar sind, die Nerven stimuliert und simultan der Muskeltonus des Anal-Schließmuskels gemessen. Die Relevanz der Beckennerven mit Blick auf die postoperative Funktionalität spiegelt sich auch in der S3-Leitlinie "Kolorektales Karzinom" wider, welche besagt, dass bei Tumoren des mittleren und unteren Rektumdrittels die totale mesorektale Exzision (TME) bis zum Beckenboden unter Schonung der Nervenplexus erfolgt (Empfehlungsgrad A, Evidenzlevel 1b).

 

Zusammenfassung spezieller Operationsverfahren beim Mastdarmkrebs (Rektumkarzinom) im Universitätsklinikum Leipzig

  • TEM (= Transanale Endoskopische Mikrochirurgie)
  • Minimal-invasive Chirurgie (Schlüssellochtechnik), kontinenzerhaltend, mit intraoperativem Neuromonitoring im kleinen Becken (laparoskopische TME = Totale Mesorektale Exzision mit pIONM = pelvinem intraoperativem Neuromonitoring)
  • TAMIS (= Trans Anal Minimally Invasive Surgery)-TME („bottom-up") als minimal-invasives Rendezvous-Verfahren (bei sehr Schließmuskel-nahen Tumoren
  • Multiviszerale Resektion bei ausgedehntem Tumorbefall unter Mitnahme befallener Nachbarorgane (Harnblase, Prostata, Gebärmutter, Scheide, etc.
  • Komplexe Beckenexenterationen bei Rezidiv des Mastdarmkrebses
  • Zytoreduktive Chirurgie und partielle Peritonektomie mit hyperthermer intraperitonealer Chemoperfusion (HIPEC) bei Peritonealkarzinose (Bauchfellkrebs)
  • Minimal-invasive Proktokolektomie mit ileoanalem J-Pouch bei Krebserkrankung des Dick- bzw. Mastdarms auf dem Boden einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung (Colitis ulcerosa) 

Minimal-invasive Operation

​Minimal-invasive, laparoskopische Techniken haben in den letzten Jahren in der Rektumchirurgie zunehmend an Bedeutung gewonnen.

So führen wir im Universitätsklinikum Leipzig sämtliche Operationen am Mastdarm minimal-invasiv durch. Diese Operationen erfolgen unter intraoperativem Neuromonitoring zur Schonung der Beckennerven.

Nur wenige Indikationen sind dem offenen Vorgehen vorbehalten, so z.B. multiviszerale Resektionen bei sehr großen Tumoren, die auch durch eine multimodale Vorbehandlung mit Radiochemotherapie nicht zu verkleinern sind (kein Downsizing & Downstaging) und bereits eine Infiltration in Nachbarorgane, wie Harnblase, Prostata, Gebärmutter, Vagina oder andere Organe bzw. Darmabschnitte, zeigen.

Minimal-invasive Resektionen in der Mastdarmchirurgie zeichnen sich - analog zur Dickdarmchirurgie - durch eine schnellere Belastbarkeit und Rekonvaleszenz, geringere Schmerzen, weniger Infekte, eine bessere und schnellere Wundheilung und letztlich ein besseres kosmetisches Ergebnis aus. Mehrere randomisiert-kontrollierte Studien, die die Ergebnisse der offenen mit der laparoskopischen Resektion verglichen, ergaben gleichwertige onkologische Ergebnisse. Möglicherweise bedingt durch die hervorragende Bildauflösung in der minimal-invasiven Chirurgie unter Zuhilfenahme von Winkeloptiken und speziellem Licht auf sehr begrenztem Raum im kleinen Becken, konnten sogar die COLOR-II-Studie sowie der COREAN-Trial geringere Lokalrezidivraten nach 3 Jahren und ein besseres 3-Jahres krankheitsfreies Überleben beim laparoskopischen im Vergleich zum offenen Vorgehen nachweisen.

Durch multimodale Vorbehandlung des Rektumkarzinoms (Strahlen- und Chemotherapie) sowie moderne Operationstechniken kann man zunehmend den unteren Schließmuskel erhalten. Somit ist die komplette Resektion desselben mit dauerhafter Anlage eines künstlichen Darmausgangs in der letzten Zeit nur noch sehr selten erforderlich. Auch sehr große Tumore, welche dicht am Schließmuskel lokalisiert sind, können z.B. in Schlüssellochtechnik mit einem sog. Rendezvous-Verfahren, d.h. vom Bauch aus und gleichzeitig minimal-invasiv unter Videokontrolle durch den Analkanal (sog. TAMIS (= Trans Anal Minimally Invasive Surgery)-TME) unter Schließmuskelerhalt durchgeführt werden. 

Rektumkarzinom-Rezidivs

​Im Falle eines Rektumkarzinom-Rezidivs (wiederkehrender Mastdarmkrebs) ist eine komplexe und interdisziplinäre Behandlung von entscheidender Bedeutung. Wir arbeiten in diesen Situationen eng zusammen mit unseren Kollegen des Universitären Krebszentrums (UCCL), der Urologie, Gynäkologie, Neurochirurgie und Plastischen Chirurgie. Durch das Zusammenspiel aller Experten in unserem Klinikum kann auch bei weit fortgeschrittenen Befunden eine vollständige Entfernung des Tumors erreicht werden (s.o., sog. multiviszerale Resektion, Beckenexenteration).

Bauchfellmetastasen

​Auch bei Vorliegen einer Peritonealkarzinose (Bauchfellmetastasen) können wir - nach ausführlicher Evaluation der Befunde in unserem interdisziplinären Tumorboard - die Therapieverfahren der zytoreduktiven Chirurgie mit partieller Peritonektomie (= chirurgische Entfernung des Tumors mitsamt Metastasen und teilweiser Bauchfellresektion) und HIPEC (= Hypertherme IntraPEritoneale Chemoperfusion) und - in nicht-kurativen Situationen, in denen die Tumoraussaat ausschließlich auf das Bauchfell begrenzt ist - der PIPAC (= Pressurized IntraPeritoneal Aerosol Chemotherapy) anbieten.

Weitere Informationen hierzu finden Sie auf unserer Seite HIPEC- und PIPAC-Zentrum.

Gerne stehen wir Ihnen auch hier über unsere Spezialsprechstunde "Bauchfell - PIPAC / HIPEC für einer Zweitmeinung zur Verfügung!

Sprechstunde

​Gerne beraten wir Sie ausführlich, auch als Zweitmeinung, in unserer "Kolorektale-proktologische Spezialsprechstunde". Diese findet immer donnerstags 8 - 13 Uhr in den Räumlichkeiten der Chirurgischen Ambulanz der Klinik und Poliklinik für Viszeral-, Transplantations-, Thorax- und Gefäßchirurgie im Universitätsklinikum Leipzig statt.

Informationsflyer "Kolorektale-proktologische Spezialsprechstunde" (PDF)

 

Literatur

  • ​Bonjer HJ, Deijen CL, Haglind E; COLOR II Group. A Randomized Trail of Laparoscopic versus Open Surgery for Rectal Cancer. N Engl J Med 2015 Jul 9; 373: 1324 - 32.
  • Green BL, Marshall HC, Collinson F, Quirke P, Guillou T, Jayne DG, Brown JM. Long-term follow-up oft he Medical Research Council CLASSICC trail of conventional versus laparoscopically assisted resection in colorectal cancer. Br J Surg. 2013 Jan; 100 (1): 75 - 82.
  • Heald RJ, Ryall RD. Recurrence and survival after total mesorectal excision for rectal cancer. Lancet. 1986 Jun 28; 1(8496): 1479 - 82.
  • MacFarlane JK, Ryall RD, Heald RJ. Mesorectal excision for rectal cancer. Lancet. 1993 Feb 20; 341 (8843): 457 - 60.
  • Carlsen E, Schlichting E, Guldvog I, Johnson E, Heald RJ. Effect of the introduction
    of total mesorectal excision for the treatment of rectal cancer. Br J Surg. 1998 Apr; 85 (4): 526 - 9.
  • Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): S3-Leitlnie Kolorektales Karzinom, Langversion 1.1,2014, AWMF Registrierungsnummer: 021-0074OL, http://leitlinienprogramm-onkologie.de/Leitlinien.7.0.html (Stand August 2014)
  • Jeong SY, Park JM, Nam BH, Kim S, Kang SB, Lim SB, Choi HS, Kim DW, Chang HJ, Kim DY, Jung KH, Kim TY, Kang GH, Chie EK, Kim SY, Sohn DK, Kim DH, Kim JS, Lee HS, Kim JH, Oh JH. Open versus laparoscopic surgery for mid-rectal or low-rectal cancer after neoadjuvant chemoradiotherapie (COREAN trail): survival outcomes of an open-label, non-inferiority, randomised controlled trail. Lancet Oncol. 2014 Jun; 15 (7): 767 - 74.
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