Das epiphrenische Divertikel wurde erstmals von Mondière 1833 beschrieben. Als epiphrenische Divertikel werden Divertikel der Speiseröhre bezeichnet, welche sich definitionsgemäß bis 10 cm oberhalb der Z-Linie (= Übergang von Speiseröhre zu Magen) befinden.
Sie sind - im Gegensatz zu den Zenker-Divertikeln - zu > 70 Prozent rechts lokalisiert. Es handelt sich um „Pulsionsdivertikel". Sie sind deutlich seltener als Zenker-Divertikel und machen ca. 8,5 Prozent aller ösophagealen Divertikel aus. Exakte Daten zur Prävalenz liegen in der Literatur nicht vor. Man muss aber davon ausgehen, dass diese eher „unterdiagnostiziert" sind, insbesondere bei Patienten mit nur diskreter Symptomatik.
In ca. 75 - 90 Prozent sind die epiphrenischen Divertikel mit einer Motilitätsstörung der Speiseröhre vergesellschaftet. Am häufigsten handelt es sich hierbei um die Assoziation mit einer Achalasie, mit einem diffusen Ösophagusspasmus (DES) oder einer gastroösophagealen Refluxerkrankung.
| Epiphrenisches Divertikel bei Achalasie Quelle: Klinik und Poliklinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Universitätsklinikum Leipzig |
| Epiphrenisches Divertikel bei diffusem Ösophagusspasmus (DES) Quelle: Klinik und Poliklinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Universitätsklinikum Leipzig |
| Epiphrenisches Divertikel bei gastroösophagealer Refluxerkrankung Quelle: Klinik und Poliklinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Universitätsklinikum Leipzig |
Seltener finden sich eine unspezifische Motilitätsstörung der Speiseröhre, ein hypertensiver unterer Ösophagussphinkter, ein Nussknackerösophagus, sowie in ca. 20 Prozent ein Normalbefund in der Motilitätstestung bzw. Manometrie der Speiseröhre.
Gelegentlich ist das epiphrenische Divertikel ein Zufallsbefund (bei asymptomatischem Verlauf) im Rahmen einer Endoskopie-Untersuchung. Sehr häufig liegt allerdings eine Dysphagie (= Schluckstörung) vor, welche auch Ausdruck der zugrunde liegenden Motilitätsstörung der Speiseröhre sein kann.
Zudem finden sich oftmals Regurgitationen (= iederhochwürgen von unverdauter Nahrung), welche auch nachts geschehen können, Schmerzen hinter dem Brustbein oder Krämpfe im Brustkorb, Sodbrennen und Gewichtsverlust. Gefährlich sind rezidivierende Aspirationen mit Pneumonien und chronischem Husten, welche eine dringliche Behandlung indizieren. Dabei sei angemerkt, dass die Größe des epiphrenischen Divertikels nur schlecht mit den klinischen Ausprägungen korreliert.
Therapie des epiphrenischen Divertikels
Bei vorhandener Symptomatik ist eine chirurgische Behandlung des Divertikels immer indiziert, sofern keine Kontraindikationen für den Eingriff vorliegen. Die Therapie des epiphrenischen Divertikels ist meist minimal-invasiv, d.h. laparoskopisch (vom Bauchraum aus) oder thorakoskopisch (vom Brustkorb aus) möglich. Zur exakten Höhenlokalisation, insbesondere in Bezug auf die Z-Linie, und somit zur Planung des OP-technischen Vorgehens, sind - neben der bereits erwähnten High Resolution-Impedanz-Manometrie - präoperativ eine Endoskopie und ein Röntgen-Breischluck, sowie in speziellen Situationen eine Computertomographie erforderlich. Die Prozedur ist transhiatal-laparoskopisch möglich bei Lokalisation bis ca. 8 cm oberhalb der Kardia und sollte von einem erfahrenen minimal-invasiven Chirurgen durchgeführt werden.
Die Therapie der Wahl des epiphrenischen Divertikels besteht im sog. „Triple Treat", mit (I) Abtragung des Divertikels, (II) Myotomie (= Muskelspaltung der Hochdruckzone des unteren Ösophagussphinkters, insbesondere, wenn simultan eine Achalasie, ein hypertensiver unterer Ösophagussphinkter, ein diffuser Ösophagusspasmus (DES) bzw. ein Nussknackerösophagus vorliegen), und (III) einer Semifundoplikatio (= Teilmanschette zur Refluxprophylaxe).
Präoperativ sollte immer, wenn möglich, ein endoskopisches „Wash out", d.h. eine Reinigung und Ausspülung, des Divertikels erfolgen, da sich häufig ältere Nahrungsbestandteile im Divertikel befinden können, die das operative Vorgehen, insbesondere das Absetzen des Divertikels mit dem Klammernahtgerät, stören. Somit können postoperative Komplikationen minimiert werden.
In seltenen Fällen und bei sehr großen epiphrenischen Divertikeln kann eine Entfernung der Speiseröhre mit Schlauchmagenhochzug erforderlich sein und die Lebensqualität langfristig verbessern.
Sprechstunde
Weitere Informationen erhalten Sie in unserer Spezialsprechstunde "Oberer Gastrointestinaltrakt" bei Frau Prof. Dr. Ines Gockel.
Gerne können Sie sich auch bereits im Vorfeld unseren Fragebogen herunterladen und ausgefüllt mitbringen.
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