Sie sind hier: Skip Navigation LinksKlinik und Poliklinik für Viszeral-, Transplantations-, Thorax- und Gefäßchirurgie

Divertikelarten und -therapieformen

Zenker-Divertikel

​Zenker-Divertikel sind mit ca. 70 Prozent die häufigsten Divertikel der Speiseröhre. Es handelt sich um sog. „Pulsionsdivertikel". Das Zenker-Divertikel im Bereich des oberen Ösophagus wurde erstmals 1769 von Ludlow beschrieben. Friedrich von Zenker erkannte den Zusammenhang mit dem zugrundeliegenden erhöhten intraluminalen Druck der Speiseröhre 1877.

Es handelt sich um das häufigste aller Divertikel der Speiseröhre mit einer Inzidenz von 2:100.000 / Jahr. Das Hauptmanifestationsalter ist zwischen dem 70. und 80. Lebensjahr. Bei Patienten < 40 Jahren ist es eine Rarität. Es sind vorwiegend Männer betroffen und das Zenker-Divertikel ist meist links lokalisiert. Möglicherweise durch einen erhöhten Tonus bzw. eine gestörte Relaxation des oberen Ösophagussphinkters (OÖS) (anatomisch entsprechend der Pars transversa des M. cricopharyngeus). Hier kommt es durch die Muskellücke im Bereich des Killian-Dreiecks zur Ausstülpung des Divertikels.

Klinisch berichten Patienten über Schluckbeschwerden (in ca. 80 - 90 Prozent), ggf. in Kombination mit Mangelernährug, Regurgitationen (= Wiederhochwürgen) unverdauter Speisen, auch nachts, chronischem Husten mit Aspirationspneumonien, Mundgeruch sowie einem Kloß- oder Globusgefühl im Halsbereich.
Im Röntgen-Breischluck ist das Zenker-Divertikel gut nachweisbar und projiziert sich auf Höhe der linken Halsseite. Die Endoskopie sollte mit großer Vorsicht erfolgen wegen der erhöhten Perforationsgefahr.

​Röntgen-Breischluckuntersuchung bei Zenker-Divertikel
Quelle: Klinik und Poliklinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Universitätsklinikum Leipzig

 

Chirurgisch-offene Therapie des Zenker-Divertikels

Die chirurgisch-offene Therapie wurde bereits 1936 von Aubin erstbeschrieben und besteht aus einer (links)-kollaren Divertikulektomie (= Entfernung des Divertikels) (immer mit histologischer Untersuchung) und wird - aufgrund der zugrundeliegenden Hochdruckzone unterhalb des Divertikels (oberer Ösophagussphinkter) - immer mit einer Myotomie (= Muskelspaltung) derjenigen Muskulatur mit erhöhtem Tonus kombiniert.

​Divertikelentfernung und Myotomie (= Muskelspaltung der zugrundeliegenden Hochdruckzone des oberen Ösophagussphinkters)

 


Die Erfolgsraten liegen bei ca. 95 Prozent, die Rezidivraten bei ca. 5 - 7,5 Prozent. Rezidive entstehen insbesondere dann, wenn das Divertikel nicht vollständig abgetragen und / oder die Myotomie nicht korrekt bzw. lang genug durchgeführt wurde.

 

Endoskopisch-transorale Therapie des Zenker-Divertikels

Endoskopische Therapien des Zenker-Divertikels werden von transoral (= durch den Mund) durchgeführt und erfolgen in unserer Klinik überwiegend in Kooperation mit den Kollegen der Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde bzw. der interdisziplinären Endoskopie in Kooperation mit den Kollegen der Klinik und Poliklinik für Gastroenterologie.

Die endoskopisch-transoralen Verfahren im Einzelnen werden folgendermaßen durchgeführt:

  • Transorale Divertikuloösophagostomie
    Hier wird durch den Einsatz von Staplern (Klammernahtgeräte) oder Lasern der Steg zwischen Divertikel und Ösophagus durchtrennt. Dieser Eingriff wird in Vollnarkose durchgeführt und postinterventionell ist eine Nahrungskarenz für mehrere Tage erforderlich.
  • Endoskopische Therapie mit flexiblem Endoskop
    Es kommt das gleiche Prinzip wie bei der transoralen Divertikuloösophagostomie zur Anwendung, allerdings erfolgt die Prozedur mit dem APC (Argon Plasma-Koagulations)-Beamer oder mit dem Nadelmesser. Der Eingriff wird in Vollnarkose oder in Sedierung vorgenommen. Auch hier ist eine Nahrungskarenz postinterventionell erforderlich.

Die endoskopisch-transoralen Therapieformen sind sehr schonend durchführbar, ein äußerer Schnitt am Hals ist nicht erforderlich. Diese Techniken bieten somit Vorteile, insbesondere bei älteren und multimorbiden Patienten. Allerdings sind die Rezidivraten etwas höher als beim offen-chirurgischen Vorgehen.

Die Erfolgsraten der endoskopischen Septotomie mit Myotomie liegen somit bei 80 - 100 Prozent. Der Eingriff kann allerdings bei rezidivierenden Beschwerden wiederholt werden. 

Traktions (Bifurkations)-Divertikel

​Traktions- oder Bifurkationsdivertikel finden sich häufig als Zufallsbefund im Rahmen einer Endoskopie oder einer radiologischen Untersuchung. Die Häufigkeit unter den ösophagealen Divertikeln liegt bei ca. 22 Prozent. Es handelt sich hierbei um sog. „echte" Divertikel, d.h. es kommt zur Ausstülpung der gesamten Ösophaguswand. Sie werden überwiegend konservativ, nicht-chirurgisch behandelt.

 

Epiphrenische Divertikel

​Das epiphrenische Divertikel wurde erstmals von Mondière 1833 beschrieben. Als epiphrenische Divertikel werden Divertikel der Speiseröhre bezeichnet, welche sich definitionsgemäß bis 10 cm oberhalb der Z-Linie (= Übergang von Speiseröhre zu Magen) befinden.

Sie sind - im Gegensatz zu den Zenker-Divertikeln - zu > 70 Prozent rechts lokalisiert. Es handelt sich um „Pulsionsdivertikel". Sie sind deutlich seltener als Zenker-Divertikel und machen ca. 8,5 Prozent aller ösophagealen Divertikel aus. Exakte Daten zur Prävalenz liegen in der Literatur nicht vor. Man muss aber davon ausgehen, dass diese eher „unterdiagnostiziert" sind, insbesondere bei Patienten mit nur diskreter Symptomatik.

In ca. 75 - 90 Prozent sind die epiphrenischen Divertikel mit einer Motilitätsstörung der Speiseröhre vergesellschaftet. Am häufigsten handelt es sich hierbei um die Assoziation mit einer Achalasie, mit einem diffusen Ösophagusspasmus (DES) oder einer gastroösophagealen Refluxerkrankung.    

​Epiphrenisches Divertikel bei Achalasie
Quelle: Klinik und Poliklinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Universitätsklinikum Leipzig

​Epiphrenisches Divertikel bei diffusem Ösophagusspasmus (DES)
Quelle: Klinik und Poliklinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Universitätsklinikum Leipzig

​Epiphrenisches Divertikel bei gastroösophagealer Refluxerkrankung
Quelle: Klinik und Poliklinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Universitätsklinikum Leipzig


Seltener finden sich eine unspezifische Motilitätsstörung der Speiseröhre, ein hypertensiver unterer Ösophagussphinkter, ein Nussknackerösophagus, sowie in ca. 20 Prozent ein Normalbefund in der Motilitätstestung bzw. Manometrie der Speiseröhre.

Gelegentlich ist das epiphrenische Divertikel ein Zufallsbefund (bei asymptomatischem Verlauf) im Rahmen einer Endoskopie-Untersuchung. Sehr häufig liegt allerdings eine Dysphagie (= Schluckstörung) vor, welche auch Ausdruck der zugrunde liegenden Motilitätsstörung der Speiseröhre sein kann.
Zudem finden sich oftmals Regurgitationen (= iederhochwürgen von unverdauter Nahrung), welche auch nachts geschehen können, Schmerzen hinter dem Brustbein oder Krämpfe im Brustkorb, Sodbrennen und Gewichtsverlust. Gefährlich sind rezidivierende Aspirationen mit Pneumonien und chronischem Husten, welche eine dringliche Behandlung indizieren. Dabei sei angemerkt, dass die Größe des epiphrenischen Divertikels nur schlecht mit den klinischen Ausprägungen korreliert.

Therapie des epiphrenischen Divertikels

Bei vorhandener Symptomatik ist eine chirurgische Behandlung des Divertikels immer indiziert, sofern keine Kontraindikationen für den Eingriff vorliegen. Die Therapie des epiphrenischen Divertikels ist meist minimal-invasiv, d.h. laparoskopisch (vom Bauchraum aus) oder thorakoskopisch (vom Brustkorb aus) möglich. Zur exakten Höhenlokalisation, insbesondere in Bezug auf die Z-Linie, und somit zur Planung des OP-technischen Vorgehens, sind - neben der bereits erwähnten High Resolution-Impedanz-Manometrie  - präoperativ eine Endoskopie und ein Röntgen-Breischluck, sowie in speziellen Situationen eine Computertomographie erforderlich. Die Prozedur ist transhiatal-laparoskopisch möglich bei Lokalisation bis ca. 8 cm oberhalb der Kardia und sollte von einem erfahrenen minimal-invasiven Chirurgen durchgeführt werden.

Die Therapie der Wahl des epiphrenischen Divertikels besteht im sog. „Triple Treat", mit (I) Abtragung des Divertikels, (II) Myotomie (= Muskelspaltung der Hochdruckzone des unteren Ösophagussphinkters, insbesondere, wenn simultan eine Achalasie, ein hypertensiver unterer Ösophagussphinkter, ein diffuser Ösophagusspasmus (DES) bzw. ein Nussknackerösophagus vorliegen), und (III) einer Semifundoplikatio (= Teilmanschette zur Refluxprophylaxe). 

Präoperativ sollte immer, wenn möglich, ein endoskopisches „Wash out", d.h. eine Reinigung und Ausspülung, des Divertikels erfolgen, da sich häufig ältere Nahrungsbestandteile im Divertikel befinden können, die das operative Vorgehen, insbesondere das Absetzen des Divertikels mit dem Klammernahtgerät, stören. Somit können postoperative Komplikationen minimiert werden.

In seltenen Fällen und bei sehr großen epiphrenischen Divertikeln kann eine Entfernung der Speiseröhre mit Schlauchmagenhochzug erforderlich sein und die Lebensqualität langfristig verbessern.

Sprechstunde

Weitere Informationen erhalten Sie in unserer Spezialsprechstunde "Oberer Gastrointestinaltrakt" bei Frau Prof. Dr. Ines Gockel.

Gerne können Sie sich auch bereits im Vorfeld unseren Fragebogen herunterladen und ausgefüllt mitbringen.

Weitere Informationen zur HR-Manometrie finden Sie hier.

Liebigstraße 20, Haus 4
04103 Leipzig
Telefon:
0341 - 97 17200
Fax:
0341 - 97 17209
Map