Dr. Melanie Maier vom Institut für Virologie hatte den ersten positiven Corona-Test am UKL in den Händen und erinnert sich an ausufernde Arbeitszeiten und die Sorge um das Team.
Die Virologen wussten es eben bereits eher: Erste Meldungen aus China über ein neuartiges Virus erreichten auch die Fachleute am UKL schon im Dezember 2019. „Wir werden dann immer hellhörig, aber niemand konnte ahnen, wie es dann wirklich werden würde", sagt Dr. Melanie Maier. Als bekannt geworden sei, dass es sich um ein SARS-Virus handele, hätten sie und ihre Kollegen am Institut für Virologie sofort etablierte Protokolle geprüft, ob sie damit das Virus erfassen könnten. „Es war für viele von uns ja nicht die erste Pandemie. Ich erinnere an die Schweine- und die Vogelgrippe. Wir müssen immer schnell handeln können", sagt sie. „Als Uniklinikum haben wir aber auch die Expertise und die Möglichkeiten, schnell einen Test auf eine mögliche Infektion aufzubauen."
So waren es wohl erneut die Virologen, die am wenigsten überrascht waren, dass auch in Deutschland und Leipzig Patienten kommen würden. „Wir hatten anfangs aber doch die Hoffnung, dass wir es eingrenzen könnten", erinnert sich die Fachärztin für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie.
Am 8. März war es dann an Dr. Melanie Maier, den ersten positiven Test am UKL zu ermitteln. „Und es war kein China-Rückkehrer", weiß sie noch.
Was dann kam, stellte trotz aller guten Vorbereitungen den Arbeitsalltag von Dr. Maier und ihrem Team auf den Kopf: „Niemand hatte mit diesen Testmengen gerechnet." Sehr früh übernahm das UKL bereits die Testungen auch für andere Labore und Kliniken – für die Virologie bedeutete dies hohen logistischen Aufwand. „Während der Lockdown-Phase waren Corona-Tests sogar kurzfristig unsere Hauptaufgabe", erinnert sie sich. Fast herrschte Rundum-Betrieb, an normale Arbeitszeiten war nicht mehr zu denken. „Wir bildeten Teams, die jeweils untereinander keinen Kontakt haben durften – um bei einer möglichen Ansteckung eines Mitarbeiters nicht die ganze Virologie schließen zu müssen", macht Dr. Maier deutlich. Das sei wegen der gewachsenen Struktur eine große Herausforderung gewesen.
Bei ihrer Arbeit mussten sich die Mitarbeiter wegen der hohen Infektiosität des Corona-Virus viel stärker als gewöhnlich schützen, was den Aufwand im Arbeitsalltag deutlich erhöhte. Als irgendwann dann doch klarer wurde, dass nicht absehbar war, wie lang das Ganze gehen würde, herrschte im Team auch zum ersten Mal das Gefühl, die Herausforderungen nicht zu schaffen. Ein Tiefpunkt, der zum Glück nur ein paar Tage lang anhielt. Hilfe von außen kam von zusätzlichen Mitarbeitern, zum Beispiel unterstützten Kolleginnen und Kollegen aus der Biochemie.
Ihre Sozialkontakte außerhalb der Arbeit, so berichtet es Dr. Maier, habe sie persönlich in dieser Zeit fast komplett heruntergefahren. „In meinen 17 Jahren hier am UKL gab es keine einzige Laborinfektion, aber die Sorge um das Team war da."
Blickt sie auf die vergangenen Monate zurück, ist die Medizinerin dankbar für die, wie sie sagt, mutigen politischen Entscheidungen hier in Deutschland, gerade mit Blick auf Infektionszahlen aus den USA, Brasilien, Indien oder auch Italien. „Aus infektiologischer Sicht war der Lockdown wichtig um die Dynamik zu bremsen", meint die stellvertretende Leiterin der virologischen Diagnostik am UKL.
Für eine mögliche zweite Welle bräuchte man allerdings mehr Personal, bekräftigt sie dann aber auch. „Lange Arbeitszeiten ohne Unterbrechungen kann man kurzfristig tolerieren, aber man reibt sich auf." Manchmal seien sie und ihre Kollegen nachts um 2 oder um 4 nach Hause gegangen – nach einem Arbeitstag von 14 bis 16 Stunden. „Jetzt, da wir wissen, dass das Virus länger bleiben wird, brauchen wir verlässlichere Strukturen", gibt sie zu bedenken. „Wir haben die Bedeutung, die Ausbreitung des Virus zu stoppen, zwar erkannt, aber das muss auch wieder in geregelteren Bahnen ablaufen. Denn weder rettet uns eine Saisonalität wie bei der Influenza, noch gibt es bisher einen Impfstoff." Nun müsse man sich auf die Herbst- und Wintersaison vorbereiten, wenn die Erkältungskrankheiten hinzukämen.
„Ich hatte viel Arbeit wegen der Corona-Pandemie", zieht Dr. Melanie Maier ein vorläufiges Resümee, „aber ich denke auch an die Menschen, die nun Angst um ihre Existenz haben müssen, weil sie keine Arbeit hatten oder haben."