Dr. Siekmeyer über die Folgen der Corona-Pandemie für die Kinderklinik.
„Ich kann nichts erzählen über eine Corona-Welle in der Kinderklinik – weil es keine gab", blickt Dr. Werner Siekmeyer, als Oberarzt zuständig für die Notfallambulanz der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin am UKL. „Am Anfang der Pandemie haben wir natürlich geplant, wie wir die Patienten mit Corona-Verdacht isolieren können. Da haben wir als Kinderärzte, zu denen immer wieder Kinder mit Masern, Windpocken und anderen leicht übertragbaren Infektionskrankheiten kommen, eine gewisse Routine und wussten, wie die Trennung der Patientenströme zu organisieren ist. Aber da kam kein Corona-Strom. Und damit war glücklicherweise ziemlich schnell klar, dass die Pandemie keine Herausforderung für die Kinderklinik wird."
Etwas problematisch hätte es werden können, wenn beispielsweise ein Kind nach einem Autounfall in die Kinderklinik gebracht worden wäre und nach einem Abstrich eine Corona-Infektion festgestellt werden würde. „Wir mussten organisatorisch klären, was dann geschieht", erläutert Dr. Siekmeyer. „Die Corona-Intensivstation des Klinikums war ja mit Personal für Erwachsene ausgerüstet. Deshalb brauchten wir ein Team für Kinder, das schnell dort einsetzbar ist. Nun können wir personell nicht aus dem Vollen schöpfen: Wir haben auf unserer Intensivstation nur drei Kinder-Intensivmediziner. Also wurde organisiert, dass zumindest einer davon im Falle des Falles abgeordnet werden kann. Zudem haben wir Mediziner fit gemacht, die schon mal intensivmedizinisch gearbeitet haben. So hatten wir ein Corona-Team zusammen – das aber nie zum Einsatz kam, weil kein einziges Kind behandelt werden musste."
Zu den vorbereitenden Maßnahmen in der Kinderklinik gehörte auch, dass eine Normalstation zu einer Intensivstation umgebaut wurde. „Das war recht einfach und innerhalb von 24 Stunden machbar, weil die Zimmer bei uns ohnehin schon mit Sauerstoff und Druckluft ausgestattet sind", so der Leipziger Kinderarzt, der seit 22 Jahren in der Uni-Kinderklinik arbeitet. Also wurde eine Station mit 30 Betten komplett umgestellt auf die Behandlung von Intensivpatienten, und zwar erwachsenen Nicht-Corona-Patienten. Diese wären, wenn es ernst geworden wäre, aus den Nachbarhäusern in die Kinderklinik verlegt worden, damit deren Intensivbetten frei geworden wären für Corona-Patienten.
„In Notfallambulanzen, auch der unseren, ist es eigentlich nur deshalb immer so voll, weil viele kommen, die keine Notfälle sind", erzählt Dr. Siekmeyer. „Da hustet ein Kind, und der niedergelassene Pädiater hat schon Feierabend. Oder der Fingernagel ist eingerissen und das tut der Mutter schon beim Anschauen höllisch weh. Insofern hat die Corona-Pandemie für Klarheit in unserer Notaufnahme gesorgt: All diese Patienten kamen plötzlich nicht mehr. Sondern nur noch die, die eine Notbehandlung wirklich nötig hatten." Die Zurückhaltung der Eltern ging sogar zu weit: Einige Kinder hätten viel eher vorgestellt werden sollen, wie beispielsweise ein durchgebrochener Blinddarm und ein Diabetes-Kind im Koma leider bewiesen. Andere Eltern sagten geplante diagnostische Untersuchungen ihrer Kinder ab.
„Wir sind besonnen und gut strukturiert mit der Pandemie umgegangen", schätzt Dr. Siekmeyer ein. „Aber natürlich hatten wir auch Glück. Denn keiner wusste am Anfang, ob wir nicht jedes Bett brauchen. Ob nun für Kinder oder Erwachsene."