Schon sehr früh merkte Zaina Al Nakib, dass mit ihrem Sohn Rami etwas nicht stimmte: „Als er vier Monate alt war, fiel mir auf, dass er kaum wuchs", erzählt die heute 32-jährige Syrerin. „Obwohl er gut versorgt wurde, blieb er immer klein und dünn. Der behandelnde Arzt in meiner Heimatstadt Latakia fand nichts. Erst als wir eine ganze Zeit später in die Hauptstadt Damaskus in das dortige Kinderkrankenhaus fuhren, wurde klar: Ramis Nieren arbeiten schlecht."
Zurück in Latakia bekam der Kleine fortan Medikamente. Und die Mutter hatte das Gefühl, dass es ihrem Sohn besser geht. Klar war aber: Rami braucht eine funktionstüchtige Niere, allein würde er es nicht schaffen. Und klar war auch: In Syrien gab es keine Transplantationsmöglichkeit für den Jungen. Und der Krieg im Land hörte nicht auf.
2016 kamen der damals 7 Jahre alte Rami und seine Eltern in Deutschland an. In Leipzig fand die Familie nicht nur Hilfe für die familiäre Existenz, sondern auch für den kleinen Nierenpatienten. „Im Universitätsklinikum Leipzig haben wir sehr freundliche Menschen kennengelernt", erzählt Zaina Al Nakib. „Ohne Probleme wurde Rami genauestens untersucht, und es bestätigte sich die Erkenntnis der Ärzte aus Syrien: Ja, mein Junge braucht dringend eine Organspende."
Sowohl die Mutter als auch der Vater boten sich an. Am Ende waren es die medizinischen Fakten, die die Ärzte raten ließen: Die Niere der Mutter passt für den Kleinen besser. „Also habe ich meine linke Niere gespendet", sagte die Mutter. „Die trägt Rami jetzt im Bauch."
Vor der Operation hat Zaina Al Nakib keine Angst gehabt. Sie hatte zwar vorher noch nie eine OP gehabt, aber sie hatte großes Vertrauen in das Können der Mediziner. „Ich mache alles für meine Kinder", lächelt sie. „Die Schmerzen waren mir egal. Es ging um die Zukunft meines Kindes, um sein Leben."
Sie selbst hat keinerlei Schwierigkeiten nach der Organspende. Ihr geht es gesundheitlich gut, auch fühlt sie sich in Leipzig sehr wohl. Rami, inzwischen zehn Jahre alt, hat sich ganz gut an die neue Heimat gewöhnt. In der Schule kann er alles mitmachen, auch den Sportunterricht. Schwimmen, Angeln und Fußballspielen macht er am liebsten. „Er will immer viel spielen und soll alles mitmachen können", sagt Zaina Al Nakib. „Und natürlich weiß er, dass er von mir eine Niere erhalten hat. Seinen Geschwistern sagt er gelegentlich: Ich habe drei Nieren, zwei von mir und eine von Mama."
Der Junge wird noch heute von den Medizinern des Leipziger Universitätsklinikums engmaschig betreut: Zweimal im Monat kommt er mit seiner Mutter zu Untersuchungen. „Ich bin sehr dankbar, vor allem für die Transplantation, die meinem Sohn ein gesundheitlich uneingeschränktes Leben ermöglicht. Und für die fortwährende Betreuung, damit alles so bleibt, wie es ist."
Und Rami sagt: „Vor der Transplantation konnte ich eigentlich nichts machen, was mir Spaß macht. Nachdem mir meine Mutter eine Niere gespendet hat, kann ich alles wieder machen, auch schwimmen. Das und Angeln mag ich am liebsten."
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