Durch eine vorgeburtliche (pränatale) Diagnosestellung können die Eltern frühzeitig an ein spezialisiertes Zentrum mit der Möglichkeit einer neonatalen und kinderchirurgischen Versorgung überwiesen werden und ihr Kind hier zur Welt bringen. Oft wissen wir daher schon einige Tage vorher, dass ein Kind mit Gastroschisis zur Geburt ansteht und sind daher optimal auf die Ankunft Ihres Kindes vorbereitet.
Im Idealfall haben Sie sich durch gemeinsame Gespräche mit uns vor der Geburt schon mit der anstehenden Operation und dem, was Sie nach der Geburt erwartet, vertraut gemacht.
Nachdem Ihr Kind in der Frauenklinik geboren wurde, wird noch im Kreissaal die gesamte untere Körperhälfte Ihres Kindes in einen sterilen Plastiksack gelegt, um eine Keimbesiedlung zu verhindern, und die vorgefallenen Organe mechanisch sowie vor dem Austrocknen zu schützen. Ferner beginnen wir mit einer prophylaktischen antibiotischen Therapie. Es wird eine Magensonde gelegt, um zu verhindern, dass sich die ausgetretenen Darmschlingen übermäßig mit Luft füllen. Da die Kinder vor der Operation am ersten Lebenstag nüchtern bleiben müssen, wird ein venöser Zugang gelegt und die Kinder mit ausreichend Flüssigkeit versorgt.
Nach Vorbereitung des Operationssaals wird Ihr Kind dann in den OP gebracht. Hier kann der Darm und alle ausgetretenen Bauchorgane meist komplett in die Bauchhöhle zurückverlagert werden (sog. „primärer Verschluss"). Dabei wird der Bauchwanddefekt direkt mit mehreren Nähten verschlossen.
Abb. 2: Schemazeichnung des operativen Verschlusses einer
Gastroschisis. Die Bruchlücke rechts des Nabels muss ggf. erweitert werden, um
die ausgetretenen Darmschlingen wieder in den Bauch zu „stecken". Danach wird
die Bauchwand wieder verschlossen. (Modifiziert nach „Operative Pediatric
Surgery", 6th edition, L.Spitz & A.G. Coran, 2006). | |
In etwa 10 - 20% der Fälle kann ein primärer Bauchdeckenverschluss nicht
durchgeführt werden, da die Bauchhöhle zu klein ist und die nach außen
verlagerten Darmanteile nicht aufnehmen kann und das Risiko eines zu hohen
Druckes in der Bauchhöhle zu groß wäre. In dieser Situation wird der
Bauchwanddefekt durch einen kleinen Schnitt erweitert und eine Plastikfolie in
die Bauchwand eingenäht.
Abb. 3: Schemazeichnung des Zustands nach operativem
Verschlusses einer Gastroschisis. (Modifiziert nach „Operative Pediatric
Surgery", 6th edition, L.Spitz & A.G. Coran, 2006). | |
Die außerhalb der Bauchhöhle liegenden Eingeweide sind dann von dieser Folie
bedeckt (Silo). Diese Konstruktion wird dann mit leichter Spannung aufgehängt.
In den folgenden Tagen rutschen die Darmschlingen dann entsprechend der
Schwerkraft kontinuierlich in den Bauchraum, der dadurch mechanisch gedehnt
wird. Erst dann kann die Bauchwand operativ verschlossen werden.
Sowohl beim
primären Verschluss als auch der Silo-Therapie werden die Kinder in den ersten
Tagen meist noch nicht über den Mund (enteral) ernährt und erhalten die
benötigte Flüssigkeit über einen Tropf (venöser Zugang, intravenös). Nach dem
Eingriff wird noch eine Sonde belassen, die über das Nasenloch eingeführt im
Magen Ihres Kindes liegt und die Verdauungssäfte ableitet.
Während dieser Zeit werden Kind und Mutter auf der Säuglingsstation von
unseren Kinderkrankenschwestern und dem ärztlichen Team betreut. Der operative
Bauchwandverschluss ist der erste und der wichtigste Schritt der Behandlung. Man
muss allerdings berücksichtigen, dass der Darm dann eine längere Zeit benötigt,
um seine Funktion aufzunehmen. Man geht heute davon aus, dass der lange Kontakt
mit dem Fruchtwasser den Darm in gewisser Weise schädigt und er sich davon erst
erholen muss. Wenn die Verdauungssäfte vom Darm transportiert werden und Ihr
Kind Stuhlgang hat, beginnen wir, Ihr Kind über den Mund zu ernähren. Wie lange
es braucht, bis der Darm normal funktioniert, ist jedoch nicht vorhersehbar.
Jedes Kind nimmt sich dabei seine Zeit. Eine volle enterale Ernährung ist bei
Kindern mit Gastroschisis jedoch typischerweise verzögert (im Durchschnitt 10-45
Tage von der Operation bis zur vollen Ernährung).
Wenn Ihr Kind die Nahrung
vollständig trinkt und kontinuierlich an Gewicht zunimmt, wird die Magensonde
gezogen und Sie können nach Hause entlassen werden.
Zusammenfassend kann man festhalten, dass alle Kinder am Ende dieses
Anpassungsprozesses ihre Nahrung vollständig resorbieren und genauso gut Gewicht
zunehmen und wachsen wir Kinder, die ohne Bauchwanddefekt geboren wurden. Auch
das kosmetische Ergebnis des Bauchnabels bzw. der Narbe ist sehr gut, da der
Nabel erhalten bleibt und an der richtigen Stelle sitzt.