Der häufigste bösartige Tumor des Kiefer- / Gesichtsbereiches ist das Plattenepithelkarzinom der Mundhöhle, das mit weltweit 7,9 Prozent bei Männern und 3,9 Prozent bei Frauen an vierter bzw. achter Stelle der Tumormanifestationen steht. In den letzten 30 Jahren konnte eine kontinuierliche Zunahme der Erkrankungshäufigkeit und eine Verschiebung des Altersgipfels von der 7. in die 6. Lebensdekade beobachtet werden. Außerdem sind immer häufiger auch sehr junge Menschen von einem Plattenepithelkarzinom der Mundhöhle betroffen. Männer erkranken etwa 3-mal häufiger als Frauen.
Bekannt ist der in vielen Studien nachgewiesene Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Mundhöhlenkarzinomen und starkem Rauchen oder ausgeprägtem Alkoholgenuss. Darüber hinaus scheint der gleichzeitige Tabak- und Alkoholkonsum den Effekt zu verstärken, so dass bei diesen Patienten die Erkrankungshäufigkeit um mehr als das 10-fache erhöht ist, und sich die Tumoren deutlich früher manifestieren. Auch eine chronische Entzündung der Mundschleimhaut, wie sie z. B. in Folge einer nicht ausreichenden Mundhygiene oder wiederkehrender Schleimhautverletzungen durch scharfe Zahn- und Füllungskanten auftreten kann, ist ein Risikofaktor für die Entstehung eines solchen bösartigen Tumors. Vor allem bei jüngeren Patienten mit Plattenepithelkarzinomen der Mundschleimhaut lässt sich allerdings häufig keiner der genannten Risikofaktoren nachweisen. Hier können Viren im Mundraum einen Einfluss haben. Neben den Plattenepithelkarzinomen treten weitaus seltener auch Tumoren der Speicheldrüsen, des Bindegewebes (z. B. Sarkome) und anderer Strukturen in der Mundhöhle auf.
Grundsätzlich gilt jedes Geschwür der Mundhöhle, das nicht innerhalb von 14 Tagen mit einer lokalen Behandlung zur Abheilung zu bringen ist, als verdächtig und sollte einer fachärztlichen Untersuchung zugeführt werden. Zur Frühdiagnostik von bösartigen Mundschleimhautveränderungen wurde in unserer Klinik ein Untersuchungsverfahren entwickelt, bei dem man mittels Bürstenabstrich der verdächtigen Läsion erste Hinweise auf das Vorliegen eines Tumors erhalten kann.
Besteht der dringende Verdacht auf ein Mundschleimhautkarzinom, ist eine fortführende Diagnostik erforderlich, die eine Magnetresonanztomographie oder Computertomographie der Kopf- / Halsregion, eine Ultraschalluntersuchung der Halslymphknoten und Bauchorgane sowie eine Röntgenthoraxaufnahme beinhaltet. Außerdem erfolgt die Entnahme einer Gewebeprobe zur feingeweblichen Untersuchung.
Die Behandlung von bösartigen Erkrankungen der Mundhöhle und der Speicheldrüsen richtet sich nach den Leitlinien des AWMF, der DÖSAK (Deutsch Österreichisch Schweizerischer Arbeitskreis für Tumoren des Kiefer- und Gesichtsbereiches) sowie der DGMKG (Deutsche Gesellschaft für Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie) und ist abhängig von der Art des Tumors, der Lokalisation, der Tumorgröße, dem Befall der Lymphknoten und anderen Organe (Metastasen) und dem Allgemeinzustand des Patienten.
Therapie der ersten Wahl beim Mundhöhlenkarzinom ist die operative Behandlung. Erst an zweiter Stelle steht die Strahlentherapie. Häufig ist jedoch ein multimodales Therapiekonzept erforderlich. Die operative Behandlung von Tumoren des Kiefer- / Gesichtsbereiches stellt hohe Anforderungen, da auf Grund der exponierten Lage die Erhaltung von Funktion und Ästhetik mehr als in anderen Körperregionen von Bedeutung ist. In unserer Klinik besitzt daher die funktionelle und ästhetische Rehabilitation der Patienten neben der sicheren operativen Entfernung des Tumors einen hohen Stellenwert.
Vor allem durch den Einsatz der rekonstruktiven Mikrochirurgie ist es uns heute möglich, auch große Tumordefekte gut zu versorgen. Unser kieferchirurgisches Repertoire umfasst dabei neben verschiedenen Verfahren des mikrochirurgischen Gewebeersatzes und der lokalen plastischen Rekonstruktion auch die dentale Implantologie, um eine kaufunktionelle Rehabilitation zu erreichen.
Bei der Betreuung unserer Patienten legen wir großen Wert auf ein ganzheitliches Behandlungskonzept, dass unter anderem auch eine logopädische und ernährungsmedizinische Mitbetreuung beinhaltet. Eine enge Zusammenarbeit besteht außerdem mit dem Bereich für Chirurgische Prothetik und Epithetik der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik und Werkstoffkunde bei der individuellen zahnärztlichen Versorgung.