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Pressemitteilung vom 30.03.2023

Wie eine funktionelle Heilung der chronischen Hepatitis B erreicht werden kann

Studie zeigt Anstieg der immunologischen Kontrolle nach Absetzen einer antiviralen Langzeittherapie

Menschen mit chronischer Hepatitis B müssen bisher meist lebenslang Medikamente einnehmen.

Menschen mit chronischer Hepatitis B müssen bisher meist lebenslang Medikamente einnehmen.

Mehr als die Hälfte der Menschen, die an chronischer Hepatitis B leiden, sind von einer Form der Erkrankung betroffen, bei der auch nach vielen Jahren Behandlung so gut wie nie eine dauerhafte Kontrolle des Immunsystems eintritt. Die Betroffenen benötigen deshalb nach bisherigem Wissensstand eine lebenslange medikamentöse Therapie. In der weltweit ersten Studie zur Beendigung der Behandlung mit der gängigen antiviralen Arznei bei der schwerwiegenden Form namens „HBeAg-negativer“ Hepatitis B, haben Wissenschaftler:innen gezeigt, dass eine dauerhafte Immunkontrolle eintreten kann, wenn man die antivirale Therapie nach einer bestimmten Zeit absetzt. Die Studienautoren, unter Federführung der Universitätsmedizin Leipzig und in Kooperation mit dem Zentrum für Klinische Studien Leipzig, gehen davon aus, dass sich die internationalen Leitlinien für die Behandlung der Hepatitis B künftig auf diese Befunde berufen werden. Die Ergebnisse wurden aktuell im hochrangigen „Journal of Hepatology“ veröffentlicht.

Studienleiter Prof. Dr. Florian van Bömmel

Hepatitis B ist eine Leberentzündung, die durch das Hepatitis-B-Virus hervorgerufen wird, und die zu Spätfolgen wie Leberzirrhose oder Leberkrebs führen kann. Sie ist durch Körperflüssigkeiten leicht übertragbar. Mit etwa 350 Millionen chronisch Infizierten ist es eine der weltweit häufigsten Virusinfektionen. Menschen mit chronischer Hepatitis B müssen meist lebenslang Medikamente einnehmen, um die Virenlast zu reduzieren und die Entzündungswerte in der Leber zu normalisieren. Etwa die Hälfte der Betroffenen leiden an einer sogenannten HBe-Antigen-negativen Form der Erkrankung. Die antivirale Therapie besteht aus der Gabe von Nukleosid- beziehungsweise Nukleotidanaloga, die bei fast keinem Patienten mit HBeAg-negativer Form zu einer dauerhaften Immunkontrolle führt, die das Beenden der Behandlung erlaubt. Diese Therapie ist mit hohen Kosten für das Gesundheitssystem verbunden und kann Nebenwirkungen verursachen.

Die jetzt im "Journal of Hepatology" publizierten Ergebnisse zeigen in einer multizentrischen, kontrolliert-randomisierten Studie mit 166 HBeAg-negativen Patient:innen aus 20 Kliniken in ganz Deutschland nach 96 Wochen Beobachtungszeit, dass das Absetzten einer mindestens vier Jahre dauernden und effektiv wirkenden antiviralen Behandlung bei vielen zu einer immunologischen Kontrolle über die Erkrankung führte. Die immunologische Kontrolle zeigte sich bei zehn Prozent der Patient:innen als Verlust des zuvor nachweisbaren Hepatitis-B-Oberflächenantigens (HBsAg) im Blut, ein Ereignis was als funktionelle Heilung der Hepatitis B angesehen wird. Bei 77 Prozent der Patient:innen waren zum Ende der Studie keine erhöhten Leberentzündungswerte mehr nachweisbar. Bei etwa 41 Prozent kam es zudem zu einer Senkung der Hepatitis-B-Viren im Blut unter die Marke von 2.000 Einheiten pro Milliliter, womit gemäß internationaler Leitlinien keine Indikation mehr für eine erneute antivirale Therapie besteht. Im Gegensatz hierzu konnte bei keinem Patienten, der die Therapie fortführte, ein HBsAg-Verlust beobachtet werden.

Studienleiter Professor Dr. Florian van Bömmel, Oberarzt im Bereich Hepatologie am Universitätsklinikum Leipzig, sagt: „Wir konnten zeigen, dass die Unterbrechung der Langzeittherapie mit Nukleosid- beziehungsweise Nukleotidanaloga nach mindestens vier Jahren bei einigen Patientinnen und Patienten effektiver ist als das Fortführen, und dass viele nach dem Absetzen keine antivirale Therapie mehr benötigen. Besonders bei Erkrankten, die beim Absetzen einen niedrigen HBsAg-Spiegel aufweisen, ist die Chance auf eine funktionelle Ausheilung nach dem Beenden einer Langzeittherapie hoch.“ 

Hoher Einfluss auf Entwicklung der Therapie

Nach Absetzen der Behandlung trat bei allen Patient:innen zunächst ein Wiederanstieg der Hepatitis-B-Viren auf und bei vielen auch eine vorübergehende erneute Leberentzündung. Bei einigen Erkrankten mit starker Leberentzündung wurde daraufhin erneut eine antivirale Therapie begonnen, um einen Leberschaden zu vermeiden. Patient:innen mit Leberzirrhose durften aus Sicherheitsgründen nicht in die Studie eingeschlossen werden. Während der Studie traten keine schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse im Zusammenhang mit dem Absetzen der Therapie auf. „In anderen Studien sind jedoch in Einzelfällen schwere Fälle von Leberentzündung nach Absetzen der antiviralen Therapie beobachtet worden, weshalb das Absetzten nur unter Kontrolle eines erfahrenen Arztes erfolgen soll“, erklärt der Studienleiter. 

Prof. Florian van Bömmel und Professor Thomas Berg, Leiter des Bereichs Hepatologie am Universitätsklinikum Leipzig, sind sicher, dass die Ergebnisse der STOP-NUC-Studie einen hohen Einfluss auf die gesamte Therapieentwicklung der Hepatitis B haben werden: „Wir gehen davon aus, dass sich internationalen Leitlinien für die Behandlung der Hepatitis B künftig auf diese Studie berufen werden. Mitte dieses Jahres werden die Ergebnisse der Verlängerung der Studie ausgewertet sein, die zeigen, ob sich die Rate von Patientinnen und Patienten mit immunologischer Kontrolle im Langzeitverlauf nach Absetzen der antiviralen Behandlung noch erhöht.“

Die STOP-NUC-Studie (DRKS-Registernummer DRKS00006240) wurde vom Bundeministerium für Bildung und Forschung finanziert (Förderkennzeichen: 01KG1308).

Veröffentlichung im "Journal of Hepatology": Effect of cessation of nucleos(t)ide treatment in HBeAg-negative chronic hepatitis B on HBsAg loss: A randomized controlled multicenter trial. DOI: 10.1016/j.jhep.2022.12.018

Prof. Dr. Thomas Berg.

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