Manchmal kommt alles auf einmal: Am letzten Mittwoch im August wurden am Universitätsklinikum Leipzig gleich zwei Organe transplantiert. Ein Vater spendete seinem erwachsenen Sohn, der an einer genetisch verursachten Nierenfunktionsstörung litt, eine seiner Nieren. Parallel erhielt eine noch junge Patientin mit einem akuten lebensbedrohlichen Leberversagen aufgrund einer Medikamentenreaktion eine Leberspende eines Verstorbenen. Selbst für das Team des Transplantationszentrums am UKL war dies kein gewöhnlicher Tag. "Damit das gelingt, braucht man ein eingespieltes interdisziplinäres Team", erklärt PD Dr. Hans-Michael Tautenhahn. Der Transplantationschirurg stand an diesem Tag in beiden Operationssälen, war an beiden Organverpflanzungen beteiligt. Sein Tag begann 5.48 Uhr - da wurde alles für die Transplantation der gespendeten Leber, die von einem Chirurgenteam nachts entnommen worden war, vorbereitet. Eine Stunde später wurde die Patientin, die seit kurzem mit lebensbedrohlichem Leberversagen auf der Intensivstation lag, in den OP-Saal gebracht. 370 Minuten später begann die neue Leber im Körper der 40-Jährigen ihre Arbeit.
Besondere Momente auch für Chirurgen
Während dieser Zeit wurde in einem benachbarten Operationssaal von den in der Roboterchirurgie besonders erfahrenen Urologen bei einem 60-Jährigen die linke Niere mit Hilfe eines Da Vinci OP-Roboters entnommen. Nebenan stand bereits ein weiteres Team der Transplantationschirurgen bereit, um das gespendete Organ schnellstmöglich dem 30-Jährigen Sohn einzusetzen. Nach Abschluss seines ersten Eingriffs verstärkte Dr. Tautenhahn dieses Team. "Wenn ich nach einem solchen Tag dann am Nachmittag auf die Intensivstation komme, und beide Organempfänger sind wach und lächeln mich erleichtert an, dann ist das auch für mich ein besonderes Erlebnis", so der Chirurg.
Beide waren noch jung, beide haben sich sehr gut erholt. Und für beide war die Transplantation die einzige Chance. "Die Leber der Patientin versagte aufgrund einer in den Genen angelegten Empfindlichkeit für ein Medikament ganz plötzlich, ohne dass die Frau von ihrer Erkrankung gewusst hat", erzählt der Chirurg. Mit schweren Folgen: weitere Organe und der Kreislauf versagten. "Hier zählte jede Stunde". Zum großen Glück stand eine Leber eines Verstorbenen rechtzeitig bereit. Dank dieser Spende wird die Patientin den schweren Notfall fast folgenfrei überstehen und ihr normales Leben fortsetzen können.
Organmangel beschränkt die Medizin
Dieser Eingriff war der vorerst letzte von bisher 30 Lebertransplantationen am UKL in diesem Jahr. Damit sind die Zahlen aktuell sehr gut - im gesamten Vorjahr konnten nur 29 Lebern transplantiert werden. Gleichzeitig stehen 70 Menschen am UKL auf der Warteliste für eine neue Leber. "Wir wissen leider schon heute, dass wir nicht allen werden helfen können", beschreibt Prof. Daniel Seehofer, Leiter des Transplantationszentrums, das Dilemma der Transplantationsmedizin. Denn die Zahl der zur Verfügung stehenden Organe limitiert dessen medizinische Möglichkeiten. Einen Ausweg, wenn auch nicht den besten, bietet da die sogenannte Lebendspende: Ein geeigneter Spender, der mit dem Empfänger verwandt sein muss, spendet eine seiner gesunden Nieren oder einen Teil seiner Leber. "Das ist nicht in jedem Fall möglich und natürlich auch für den Spender nicht völlig ohne Risiko", beschreibt Prof. Seehofer. "Daher erfolgt diese Spende meist von Ehepartnern von Eltern oder von anderen nahen Angehörigen."
So wie im Fall der zweiten Transplantation an jenem Augusttag. Hier konnte der Vater für seinen Sohn spenden. Der musste bereits seit 2017 aufgrund des Versagens seiner Nieren dreimal in der Woche in die Dialyse. Obwohl er mit Anfang Dreißig noch jung ist, zeigten sich schon die Folgen - Bluthochdruck und bereits ein kleiner Schlaganfall. "Dank der Spende wird sich sein Zustand nun stabilisieren, die negativen Folgen können aufgefangen werden", beschreibt Dr. Tautenhahn. Ganz zu schweigen davon, dass der Patient erstmals seit sechs Jahren wieder ein normales Leben führen kann. "Darauf warten andere Nierenpatienten derzeit 10 Jahre oder länger", erklärt Prof. Seehofer. 164 warten am UKL auf eine neue Niere, 35 Nieren konnten in den vergangenen Monaten transplantiert werden. "Die Folgen einer jahrelangen Dialyse verschlechtern den Gesundheitszustand der Patient:innen während der Wartezeit", erläutert Seehofer. "Für manche soweit, dass nach langjähriger Wartezeit eine Transplantation dann nicht mehr in Frage kommt." Deshalb engagieren sich die Transplantationsmediziner des Universitätsklinikums Leipzig für die Organspende und für die Sensibilisierung der Bevölkerung für dieses wichtige Thema.
Jubiläum mit Botschaft
Das 30. Jubiläum ist ein Anlass, erneut daran zu erinnern, dass täglich Menschen sterben, deren Leben durch eine Organspende gerettet werden könnte. "Wir wissen, dass es sich um ein schwieriges Thema handelt, verbunden mit dem Nachdenken über den eigenen Tod", so Seehofer. "Dennoch wünschen wir Ärzte uns, dass sich mehr Menschen diesen Fragen stellen - auch, weil sie so ihren Angehörigen ersparen, in emotionalen Ausnahmesituationen stellvertretend Entscheidungen fällen zu müssen." Umso mehr Dank gebühre all jenen, die sich für eine Organspende entscheiden. Diesen Menschen und ihren Angehörigen wird während des Festaktes zum Jubiläum am 25. September eine besondere Rolle zukommen. "Eine Organspende ist das großzügigste Geschenk, dass ein Mensch einem anderen machen kann", beschreibt Prof. Seehofer. "Es schenkt ein neues Leben, und zwar oft nicht nur einem Menschen, sondern seiner gesamten Familie."
Es sei daher besonders schön, dass sich auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer mit seiner Teilnahme an der Jubiläumsfeier am 25. September des Themas annimmt. "Wir freuen uns sehr über seinen Besuch und seine Unterstützung für unser Anliegen", so Seehofer. "Je mehr wir in der Gesellschaft darüber sprechen, umso besser ist es für unsere Patient:innen".
Presseeinladung
Medienvertreter:innen sind herzlich eingeladen, am Festakt zum 30. Jubiläum des Transplantationszentrums am Universitätsklinikum Leipzig teilzunehmen.
Festakt
25. September 2023
11.00 Uhr - 12.00 Uhr
Ort: Paulinum, Universität Leipzig, Augustusplatz
Bereits vorher besucht der Ministerpräsident Michael Kretschmer das Transplantationszentrum am UKL und trifft dort mit Mitarbeiter:innen und Betroffenen zusammen. Für Medienvertreter:innen besteht die Möglichkeit, zu diesem Treffen dazu zu kommen.
Besuch im Transplantationszentrum
25. September 2023
Treffpunkt: 10.15 Uhr
Haupteingang Universitätsklinikum Leipzig, Liebigstraße 20
Bitte teilen Sie uns unter Tel. 0341-97 15905 oder per Mail an presse@uniklinik-leipzig.de mit, ob Sie an dem Festakt, am Besuch im UKL oder an beidem teilnehmen möchten.